Stibitzen will gelernt sein. Vor allem, wenn es um Ideen geht. Sat 1 zeigt am Donnerstag um 21.15 Uhr eine Serie, die vor Augen führt, wie man es total versemmeln kann: „Dr. Molly & Karl" kopiert das Motiv des griesgrämigen Wunderarztes „Dr. House" und setzt es in der Figur einer ebenso rabiaten wie kompetenten Neurologin neu um. Das Konzept, das prinzipiell funktionieren könnte, artet in der Umsetzung zur klischeetriefenden, gefühlsduseligen und humorlosen Katastrophe aus.

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Die in jeder Hinsicht voluminöse Hauptfigur Susanne Molberg bricht zwar aus der Erscheinungsnorm der üblichen aalglatten Serienschönheiten aus, bleibt aber als rüde Superärztin sogar verkrampft witzlos, als sie über die angeblichen Hängebrüste der Kollegin herziehen darf. Dass sie eine Schwester „Melonengesicht" nennt, und Blödheiten wie „Diese Klinik ist nicht groß genug für uns beide" sagen muss, stinkt nicht nur nach Abklatsch.

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Die kommunikationsbegabte neue Psychologin, die Mollys Umgangsformenmanko ausgleichen soll, entspricht nicht nur dem konventionellen TV-Ideal, sie kommt auch mit der Herausforderung, ständig emotional berührt auszuschauen, sehr gut zurecht.

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Das Mediziner-Fachchinesisch (inklusive Expertentum in allen anderen Wissensgebieten) der Ärzte wird dann noch derart plakativ in die Auslage gestellt, dass es schmerzt und man selbst nach dem Arzt rufen möchte.

Die Lehre aus der G'schicht: Polternde Charismamenschen brauchen Pointen, US-Produkte zu germanisieren braucht Ironie, und „Dr. House" bleibt unter den ungezogenen Ärzten weiter unerreicht. (pum/DER STANDARD; Printausgabe, 23.10.2008)

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