"Oida, da ist ab 18" - in den Bereichen mit Altersbeschränkungen war das Publikum jung und männlich. Doch ansonsten entsprachen die Besucher der "Game City" nicht den gängigen Klischees.

Foto: Christian Fischer

Ingrid aus Kärnten ist 68 Jahre alt und spielt gerne am Computer. Dass sie mit ihrem Mann beim Infostand über Jugendschutz auf der Videospielmesse "Game City" im Wiener Rathaus steht, ist aber trotzdem Zufall. Ein Abstecher, weil der Tagesausflug dort vorbei- führte. Dass sie den Zugang zu Computern geschafft hat, macht sie "unheimlich stolz". Zum Teil ist es aber auch ein berechnender Schritt: Wenn sie gebrechlich werden sollte, könne sie sich mit Internet und Spielen beschäftigen.

Schon jetzt habe sich ihr Merkvermögen verbessert, sagt Ingrid. Genauso wie das Verhältnis zu ihren Enkeln, die ihr viel beibringen. Was sie spielt? Killerspiele möge sie nicht, dafür das Konzentrationsspiel Mah-Jong und den Klassiker Tetris.

Volksfest des Virtuellen

Ingrid und ihr Mann zählten am Wochenende nicht gerade zu den typischen Besuchern der Spielemesse. Der 16-jährige Gewaltspielfreak, wie er dem Klischee entsprechen würde, aber auch nicht. Das Bierzelt vor dem Rathaus, die SingStar-Sängerin, die sich an einem Schlager versucht und scheitert, die Fünfjährigen, die ihre Väter durchs Getöse lotsen, und Mütter, die abseits der Monitore neben Kinderwägen ausruhen, beweisen: Die "Game City" ist ein Volksfest.

Natürlich drängen sich in den Bereichen, in denen man erst mit 16 oder 18 Jahren Zugang hat, meist junge, männliche Spielinteressierte, die das jeweilige Grenzalter eben erst überschritten zu haben scheinen. "Oida, da ist ab 18. Da kommen wir nie rein", hört man in der Schlange tuscheln. Ähnlich ist es bei den moderierten Videospielwettkämpfen der World Cyber Games, zumindest beim Taktik-Shooter Counterstrike.

Robert Rohrer am Infostand der Bundesstelle für die Positivprädikatisierung (BuPP) - das Institut testet und empfiehlt harmlose Computerspiele - findet, dass das Interesse der Eltern an den Spielen schon größer sein könnte. Man merke, dass viele nicht wissen, was sie fragen sollen. Oft muss er erst "einiges herauskitzeln".

Gegenpol

Einen Gegenpol zur Präsentation der Blockbuster unter den Lustern des großen Saals bietet Jogi Neufeld. Der Betreiber des auf Kultur und Geschichte von Videospielen spezialisierten Subotron-Shops im Wiener Museumsquartier macht auf der Messe die Evolution der Spiele von Pong über Pac Man und Super Mario zugänglich. Den regen Zulauf junger Interessierter erklärt sich Neufeld damit, dass die Kids langsam wissen wollen, woher das alles kommt, was einen großen Bereich ihres Lebens abdeckt. Bei ihm erzählen Väter ihrem Nachwuchs von den guten alten Zeiten. Dem Trubel im großen Saal steht Neufeld skeptisch gegenüber: Den Konzernen fehle theoretisches Bewusstsein, ihnen gehe es zu sehr ums Geld.

Genug Theorie bietet die Tagung "Future and Reality of Gaming" . Forscher erzählen von der Funktion, die einst Märchen innehatten und die nun von virtuellen Welten übernommen werden. Auch Philipp hört sich die Vorträge an. Der 25-Jährige kommt der landläufigen Vorstellung eines "Nerds" recht nahe. Er sammelt Spielkonsolen, importiert selbst aus Japan. Die Messe findet er zwar gut. Aber: zu wenige Ausstellerfirmen, kaum wirklich Exklusives, viele PR-Leute, aber wenige wichtige Leute aus der Entwicklerszene. Man merke, dass man erst am Anfang stehe. (Alois Pumhösel/DER STANDARD-Printausgabe, 20.10.2008)