Andy Urban, 25. April 1999

In Bagdad feiert man Saddam Husseins Geburtstag auf der Straße. Es wird "Viva Saddam" skandiert und gefordert, dass die Amerikaner den Irak verlassen. Ansy Urban fotografierte die Mischung aus Freidentaumel und politischer Manifestation.

Foto: STANDARD/Urban

Wir hören oft, dass die größte Gefahr in der heutigen Welt darin besteht, dass "Schurkenstaaten" oder Terroristengruppen in den Besitz von Atomwaffen kommen. Staaten, die unter dieser Bezeichnung liefen - manchmal unter der Bezeichnung "states of concern" , besorgniserregende Staaten - sind Irak, Iran, Libyen und Nordkorea. Außerdem wird befürchtet, dass mehr Atomenergie gleichzeitig mehr Atomwaffen und -material bedeutet. Aber wie groß sind die Risken wirklich, und was können wir dagegen tun?

Nur ein Atomwaffenstaat, Südafrika, hat bisher in Eigenregie auf seine Atomwaffen verzichtet und sie abgebaut. Im Irak hat der Golfkrieg 1991 und das UNO-Sanktionsregime das Nuklearwaffenprogramm zerstört. Im Fall Libyens haben die Wirtschaftssanktionen dazu beigetragen, dass das Land sein Programm aufgegeben hat. Neben der "Peitsche" war jedoch auch "Zuckerbrot" im Einsatz: Libyen wurde das Ende seiner Isolation versprochen. Und dieses Versprechen wurde gehalten: Es gab Ölverträge, und Tony Blair, Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und Condoleezza Rice kamen auf Besuch.

Nordkorea und Iran hingegen bleiben eine akute Gefahr, die abgewendet werden muss: Und in beiden Fällen war die Drohung mit der Peitsche wahrscheinlich kontraproduktiv. 2002 stoppten die USA ihre Öllieferungen an Nordkorea, weil es ihrer Meinung nach eine frühere Vereinbarung gebrochen hatte und ein Urananreicherungsprogramm betrieb. Nordkorea zog sich daraufhin vom Atomwaffensperrvertrag zurück, nahm seine Wiederaufbereitungsanlage erneut in Betrieb und erhöhte seine Bestände an waffenfähigem Plutonium signifikant. Im Fall von Iran haben die wiederholten Drohungen aus den USA und Israel, die iranischen Atomanlagen zu bombardieren, die iranische Weigerung, sein Urananreicherungsprogramm zu beenden, wahrscheinlich eher noch bestärkt.

Der frühere US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, soll einmal gesagt haben, dass es bei ihm keine "Karotten" , das heißt, kein Zuckerbrot, gebe. Dabei kann eine in Aussicht gestellte Belohnung viel effektiver als eine drohende Bestrafung sein - und sie ist stets weniger demütigend. Eine Überdosis an Druck blockierte soeben wieder den Fortschritt beim Abbau des nordkoreanischen Programms. Im Gegensatz dazu hatten direkte Gespräche, bei denen diplomatische Beziehungen, Sicherheitsgarantien und wirtschaftliche Leistungen in Aussicht gestellt wurden, Erfolg gebracht. Es ist höchste Zeit, sich in Direktgesprächen mit dem Iran einer ähnlichen Herangehensweise - einem Offert von Sicherheit und diplomatischen Beziehungen - zu bedienen, anstatt die Einstellung der Urananreicherung als Vorbedingung für direkte Verhandlungen zu nennen.

Erfolgreiche Non-Proliferation

Abgesehen von den akuten Problemfällen ist positiv zu berichten, dass den Anstrengungen, die Ausbreitung von Atomwaffen zu verhindern, Erfolg beschieden war. Es ist nicht so, dass es auf der Welt nur so von Staaten wimmelt, die die Bombe haben wollen. Die meisten sind dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten und werden ihm verpflichtet bleiben - wenn auch ihrerseits die Atomwaffenstaaten ernsthafte Schritte in Richtung Abrüstung unternehmen. So würde eine amerikanische und chinesische Unterschrift unter dem Atomteststoppvertrag Nordkorea, Indien, Pakistan, Israel, Iran und die arabischen Staaten schwer unter Druck setzen, ein Gleiches zu tun. Umgekehrt wird der Atomwaffensperrvertrag umso schwächer, je länger Atomwaffenstaaten demonstrieren, dass ihnen Abrüstung gleichgültig ist oder, noch schlimmer, ihre Waffenprogramme hochfahren.

Nach dem Ende des Kalten Krieges und der Einsicht, dass ein Atomkrieg "nicht gewonnen werden kann und nicht geführt werden darf" , sollte es möglich sein, die Welt von Atomwaffen zu befreien. In der EU-Antiproliferationsstrategie wird zu Recht gesagt, dass die Lösung für das Problem der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen darin besteht, "dass Länder nicht mehr meinen sollten, diese haben zu müssen" . Eine Außenpolitik, die zu Entspannung auf globaler und regionaler Ebene führt, ist das beste Mittel, Regierungen davon zu überzeugen, dass sie keine solchen Waffen brauchen. Nach den Kriegen im Irak und im Libanon, dem Waffengang in Georgien und aktuellen Militärausgaben von mehr als 1,3 Billionen US-Dollar (die Hälfte davon von den USA) muss die Welt dringend zurück auf den Weg zu Entspannung und Abrüstung finden. (DER STANDARD, 18./19. Oktober)