Das Unfallauto von Jörg Haider

In der Folge des Unfalltodes des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider kursieren in Teilen der Kärntner Bevölkerung und in diversen Internetforen zum Teil krause Verschwörungstheorien zum Hergang des Unglücks. Als "Zurechtbiegen der Realität" bezeichnete der Psychologe Klaus Ottomeyer dieses Phänomen im Gespräch mit der APA. Haider war in der Nacht auf vergangenen Samstag in der Nähe von Klagenfurt mit weit überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen, er hatte 1,8 Promille Alkohol im Blut.

Grüchteküche brodelt

Vor allem die Gerüchteküche im Internet brodelt. So wird auf einer Seite etwa der israelische Geheimdienst Mossad ins Spiel gebracht. "Ob jetzt der Autounfall von Jörg Haider tatsächlich ein Unfall war oder ein Attentat, wird mit Sicherheit nicht so schnell geklärt werden, wenn überhaupt," schreibt ein Internetnutzer.

Für Verunsicherung sorgt auch das Rätselraten darüber, in welchen Lokalen Haider seine letzten Lebensstunden verbracht hatte. Weiters hatte Haider-Sprecher Stefan Petzner angegeben, sich wenige Stunden vor dem Unfall von einem "stocknüchternen" Landeshauptmann verabschiedet zu haben. Das nährt Gerüchte, wonach irgendjemand Haider etwas in ein Getränk geschüttet haben könnte. Augenzeugenberichten zufolge hat Haider jedoch in einem Szene-Lokal in der Klagenfurter Innenstadt unmittelbar bevor er in seinen Wagen gestiegen ist noch Alkohol getrunken.

"Reduktion einer kognitiven Dissonanz"

Der Universitätsprofessor an der Alpen Adria Universität Klagenfurt, Klaus Ottomeyer, betrachtet die Angelegenheit naturgemäß vom wissenschaftlichen Standpunkt. "Die Verschwörungstheorie biegt Fakten zurecht, damit der Glaube - in den ich sehr viel investiert habe - erhalten bleiben kann und auch mein Selbstwertgefühl in keine Krise kommt", erklärte Ottomeyer. In Fachkreisen würde mann von der "Reduktion einer kognitiven Dissonanz" sprechen.

Das Phänomen trete dann auf, wenn Menschen im psychologischen Sinn eine große Investition getätigt hätten. Plötzlich würden sie mit Fakten konfrontiert und bemerken, an ein "irreführendes Projekt" geglaubt zu haben. "Da beginnt das Zurechtbiegen der Realität", sagte der Psychologe.

Verweigerung der Realität

Als Beispiel dieses Phänomens in der Weltgeschichte nannte Ottomeyer das Verhalten der Amerikaner im Laufe des Vietnamkriegs. Die Menschen hätten zwar bald gewusst, dass dieser Krieg verloren werden würde, hätten sich aber der Realität lange verweigert. "Diese Zurechtbiegen wird mit der Zeit allerdings immer schwieriger", meinte Ottomeyer. (APA)