Die Redaktion des Genfer Fernsehsenders "Leman Bleu" wehrt sich gegen die Schaffung eines politischen Aufsichtsorgans. Der Vorschlag des Genfer Gemeinderates Manuel Tornare hat die Journalisten in Aufruhr versetzt. "Das ist inakzeptabel", sagte Chefredakteur Pascal Schouwey am Mittwoch. "Ein solches Vorgehen ist in einem demokratischen Land seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen." Zu bekräftigen, man wolle die Unabhängigkeit der Redaktion bewahren und gleichzeitig eine solche Maßnahme vorzuschlagen, sei ein Unsinn.

Das Exekutivmitglied der Stadt Genf schlägt in einem am Mittwoch in der "Tribune de Geneve" erschienenen Artikel die Schaffung einer Aufsichtskommission vor, bestehend aus vier Abgeordneten - je zwei Linken und zwei Rechten. "Es geht darum, den Sender vor Kritiken zu schützen und seine Unparteilichkeit zu garantieren", sagte Tornare der Nachrichtenagentur sda. Den Aufruhr der Redaktion findet er in keiner Weise gerechtfertigt. "Ich bin sicherlich falsch verstanden worden. Es geht mir um ein Organ des Typs 'Conseil superieur de l'audiovisuel' in Frankreich. So etwas gibt es also auch in anderen demokratischen Ländern."

Chefredakteur Schouwey überzeugt dies nicht: "Wir sind vier Journalisten bei 'Leman Bleu'. Und nun soll es vier Abgeordnete brauchen, die täglich die Unparteilichkeit unserer Sendungen überwachen?" Bei dem Lokalsender rumort es seit dem lauten Ausscheiden seines früheren Chefredakteurs Michel Chevrolet im April 2002. Dieser hatte bei seinem Abgang kritisiert, bei dem Sender gebe es keine strikte Trennung zwischen den kommerziellen und den redaktionellen Bereichen. (APA/sda)