Es war eines der medienwirksam daneben gegangenen Vorhaben des Kabinetts Schüssel I: Martin Bartenstein, Wirtschaftsminister und glühender Deregulierer, wollte das heimische Ladenschlussgesetz, eines der restriktivsten des Kontinents, radikal reformieren. Er traf aber mit Wucht nicht nur auf die berüchtigte Allianz aus Kleingewerbetreibenden, Gewerkschaft und Kirche, sondern auch auf eine plötzlich renitente FPÖ, die in ihrer Prä-Knittelfeld-Phase den kleinen Mann und sein weibliches Pendant, die Supermarktkassiererin, wieder entdeckte. Die Sache wurde abgeblasen. Es war aber klar, dass eine neue Regierung unter schwarzer Führung neuen Anlauf nehmen würde. Der am Mittwoch in den VP-FP-Verhandlungen diskutierte Ansatz sieht nun so aus: Wir geben Montag bis Samstagabend grundsätzlich frei, aber nicht mehr als die 66 Stunden pro Woche wie bisher (um den "Lex-Billa"-Verdacht auszuräumen), die Landeshauptleute dürfen noch ein bisserl einschränken, und der Sonntag bleibt tabu, Amen.

Prinzipiell ist zu begrüßen, dass sich wenigstens etwas bewegt. Denn Österreich sah im Wettbewerb mit Ungarn, Tschechien, Slowenien alt, weil inflexibel aus. Auch kann die prinzipielle Freigabe kleinen Händlern eine Chance bieten, sich die Zeitnischen auszusuchen, die für die Kunden in ihrer Gegend ideal sind. Aber: Schwarz-Blau wäre gut beraten, sich endlich auch um die Handelsangestellten zu kümmern, sprich: Betriebskindergärten fördern, öffentlichen Verkehr auf die "sozialen Taktgeber Öffnungszeiten" ausrichten etc. Am Abend geöffnete Geschäfte sind für Büroarbeiter eine feine Sache, für Mütter an den Kassen weniger. Dass sich die Gewerbetreibenden ihr Ja mit einem Abbau von Mitarbeiterrechten und Gehaltsabschlägen abkaufen lassen, darf die Regierung nicht zulassen.

(DER STANDARD, Printausgabe, 27.02.2003)