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Wien - Mit scharfen Geschützen entgegnet Eisenbahnergewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl Plänen aus Regierungskreisen, die ÖBB in vier Unternehmen unter einer gemeinsamen Holding aufzuteilen. "Wenn es zur Vernichtung des Unternehmens kommt, mit einer Privatisierung und Vergeudung von Volksvermögen, wird sich die Gewerkschaft wehren", sagte Haberzettl im ORF-Morgenjournal am Dienstag. Das bedeute eine unverhohlene Streikdrohung, ließ Haberzettl im Verlauf des Gesprächs erkennen.

Vier Teilunternehmen

Ausgangslage dem ORF-Morgenjournal zufolge sind Pläne einer Neustrukturierung der ÖBB, die Finanzminister Karl-Heinz Grasser gemeinsam mit der ÖVP entwickelt habe, um die Verlustabdeckung durch das Bundesbudget an die Bahn zu reduzieren. Derzeit betrage der Bundeszuschuss an die ÖBB rund 4 Mrd. Euro pro Jahr, bis 2006 soll er den Plänen zufolge um eine halbe Milliarde Euro gesenkt werden. Unter einer ÖBB-Holding sollen vier Teilunternehmen gebildet werden, für Infrastruktur, Absatz, Personal und Finanzierung. Damit solle der Rationalisierungsdruck auf die Bahn erhöht werden.

"Erste Schritte zur Privatisierung"

"Wir werden die Österreicherinnen und Österreich und insbesondere unsere Kunden genau informieren, warum diese politischen Maßnahmen so kommen sollen", sagte Haberzettl zu den Plänen. Die Eisenbahnergewerkschaft werde sich nicht scheuen, Konflikte einzugehen. Die Regierungspläne seien erste Schritte zur Privatisierung des öffentlichen Nahverkehrs. Wenn das ÖBB-Gesetz "gelockert" werde, gebe es freie Bahn, um mit dem Bahnmanagement Verträge über sinkende Bundeszuschüsse abzuschließen.

Neuer Finanzvorstand

Von der Arbeitervertretung abgelehnt wird, angesichts der Sparmaßnahmen, auch die Aufstockung des ÖBB-Vorstandes, mit der sich der Aufsichtsrat des Unternehmens am Donnerstag befasst. Zu den drei Vorständen Rüdiger vorm Walde (Generaldirektor), Ferdinand Schmidt (Marketing) und Alfred Zimmermann (Infrastruktur) wird ein viertes Vorstandsmitglied für den Bereich Finanzen gesucht. Auf der Short-List stehen dem Vernehmen nach drei Kandidaten: Erich Söllinger, früher Prokurist bei ABB für Zentral- und Osteuropa, ferner Martin Lenz, derzeit bei Vogel & Nott, früher Chef des Faserherstellers Lenzing, sowie Gerhard Leitner von der ÖBB-Finanzabteilung.

Als Favorit wird Söllinger gehandelt, wenngleich dieser sein Interesse an der Position eher dementiert haben soll. Unter den 50 Interessenten für den öffentlich ausgeschriebenen Posten war auch der Ex-ÖIAG-Vorstand und vormals Finanzchef der Post-Telekom Johannes Ditz, der in der Politik für die ÖVP eine Karriere als Wirtschaftsminister und Finanz-Staatssekretär hinter sich hatte. Ditz soll jedoch Anspruch auf den Vorstandsvorsitz erhoben haben, was angesichts hoher Ablösekosten für vorm Walde (Vertragsdauer bis August 2006) abgelehnt worden sei, heißt es. Ditz habe daraufhin gar keine offizielle Bewerbung eingereicht. (APA)