Peking/Seoul - US-Außenminister Colin Powell hat Nordkorea am Montag eindringlich vor der Produktion von Atomwaffen gewarnt. Nach Gesprächen mit der chinesischen Führung in Peking sagte Powell am Montag vor Journalisten: "Ich kann nicht stark genug betonen, wie ernst wir alle das nehmen würden." Er bezog sich bei seiner Warnung auch auf Schritte zur Gewinnung von Plutonium aus den Brennstäben in der wieder in Betrieb genommenen Atomanlage in Yongbyon.

Der Außenminister zeigte sich überzeugt, dass China eine positive Rolle bei der Lösung des Atomkonflikts spielen wolle und dankte Peking für seine Bemühungen. China ist nach Ansicht Powells bemüht, "so hilfreich wie möglich zu sein". China werde seine Rolle "leise" spielen und werde gegenüber Nordkorea Initiativen ergreife, die er, Powell, nicht öffentlich erörtern dürfe.

China und die USA seien sich einig, dass es auf der koreanischen Halbinsel keine Atomwaffen geben solle. Die Frage könne nicht einfach als bilaterales Problem zwischen Washington und Pjöngjang behandelt werden, "nur weil Nordkorea es so will", sagte Powell. Die USA seien zu multilateralen Gesprächen bereit. Es sei eine Sache, die China, Südkorea, Japan, Russland, die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO), die Vereinten Nationen und die USA gemeinsam angehe.

Powell hatte in Peking mit Präsident Jiang Zemin, dem neuen Parteichef Hu Jintao und Außenminister Tang Jiaxuan gesprochen. Anschließend flog Powell nach Südkorea weiter, wo er am Dienstag an der Amtseinführung des neuen Präsidenten Roh Moon Hyun teilnehmen wird.

In Seoul sagte der südkoreanische Präsident Kim Dae Jung am letzten Tag seiner Amtszeit in einer Rede an die Nation: "Mehr als alles andere ist ein Dialog zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten ein wichtiger Schlüssel zu einer Lösung." Zu direkten Gesprächen werde es am Ende keine Alternative geben, sagte auch der australische Außenminister Alexander Downer. Die USA müssten Nordkorea Zusagen zu dessen Sicherheit machen.

Die Mitglieder der Gruppe der blockfreien Staaten werden sich Delegierten zufolge einer Erklärung gleichfalls für Verhandlungen der "direkt betroffenen Staaten" aussprechen. Der in Malaysia tagende Gipfel werde den Ausstieg Nordkoreas aus dem Atomwaffensperrvertrag nicht kritisieren, sondern lediglich zur Kenntnis nehmen, hieß es in den Kreisen. Alle Themen, die mit dem Ausstieg zusammenhängen, sollten in den direkten Gesprächen gelöst werden, heiße es im Entwurf einer Erklärung zur Krise um das nordkoreanische Atomprogramm.

Die USA rechnen Nordkorea, den Irak und den Iran zu einer "Achse des Bösen" und werfen ihnen vor, Massenvernichtungswaffen anzustreben und damit die Welt zu bedrohen. Nordkorea fordert einen Nichtangriffspakt mit den USA und direkte Verhandlungen. Es hat US-Angaben zufolge heimlich an einem Atomprogramm weitergearbeitet. Im Streit darüber haben die USA Hilfslieferungen an den kommunistischen Staat gestoppt und Nordkorea den Atomwaffensperrvertrag gekündigt.

Der Besuch Powells in China gab für den US-Außenminister auch Anlass zur Kritik an Pekings Menschenrechtspolitik, zu der er sich "besorgt" äußerte. Es habe seit Dezember "einige Rückschritte" gegeben, so die "Hinrichtung eines prominenten Tibeters, die Inhaftierung von über einem Dutzend Mitglieder der Demokratiebewegung und die Fortsetzung regelwidriger Gesetzes- und Gerichtsverfahren". (APA/dpa/AP/Reuters)