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Tester: T-Mobile G1 mit Google Android (links) kann es mit dem iPhone noch nicht aufnehmen, ist aber auf dem richtigen Weg

Foto: Archiv

In wenigen Tagen werden die ersten Kunden in den USA das erste Handy mit Googles Betriebssystem Android in Händen halten. T-Mobile bringt das G1 am 22. Oktober in den US-Handel, über den großen Teich soll es im November zunächst nach Großbritannien gelangen, bis es im kommenden Jahre auch hierzulande in den Geschäften landet. Kurz vor dem offiziellen Marktstart hatten nun auch die Technik-Journalisten der New York Times, des Wall Street Journals, Cnet und Gizmodo Gelegenheit, das erste Android-Smartphone ausführlich zu testen. In den meisten Punkten stimmen die Tester überein.

Viele Köche ...

Das "Google-Phone", wie es in den Medien etwas unkorrekt abgekürzt wird, ist als iPhone-Killer positioniert. Das zeigen nicht nur ähnliche Hardware-Features wie der Touchscreen, sondern auch die Möglichkeit, weitere Anwendungen ("Apps") von einem mobilen Marktplatz herunterzuladen. Bei Apple ist es der AppStore, Google nennt ihn Android Market. Der gravierende Unterschied zwischen den beiden Geräten ist aber ein anderer: während beim iPhone Hard- und Software von einem Hersteller kommen, kochen beim Android-Handy mehrere Köche. Die Software entwickelt Google, die Hardware kommt vom Handy-Hersteller - der erste ist HTC.

Solide Nutzeroberfläche

Die Software sei der des iPhones sehr ähnlich, sind sich die Tester einig. Android sei zwar noch nicht so attraktiv und abgerundet wie das iPhone OS, aber für eine erste Version erstaunlich komplett, meint David Pogue von der New York Times. Und es stelle Windows Mobile deutlich in den Schatten. Auch Cnet beurteilt die Benutzeroberfläche positiv. Android sei einfach zu nutzen und mache Spaß. Auf dem Home Screen können nach individuellen Wünschen Apps angeordnet werden, weshalb sich das Android-Handy für Walt Mossberg vom Wall Street Journal besser organisieren lässt als das iPhone. Anwendungen können über ein ausziehbares Menü, das an der Seite des Bildschirms angezeigt wird, erreicht werden.

Android Market

Der Android Market sei laut Pogue wie der AppStore eine gigantische Entwicklung mit einer Menge Möglichkeiten. Der große Vorteil von Android sei, dass das Betriebssystem und damit auch der Shop völlig offen sind. Im Gegensatz zu Apple werden keine Anwendungen abgelehnt, wenn sie nicht den kommerziellen Interessen des Konzerns entsprechen. Apple hatte seit der Öffnung des AppStores immer wieder einzelne Anwendungen aus dem Shop entfernt, da sie etwa in Konkurrenz zu bestehenden Apple-Produkten stünden. Sowohl Google als auch T-Mobile wollen keinen Einfluss auf die Anwendungen von Drittanbietern nehmen. Laut Cnet nutze Google aber noch nicht das volle Potenzial des Shops. Derzeit gebe es erst 35 Anwendungen, während der AppStore schon mit hunderten Programmen an den Start ging.

Kein iTunes-Pendant

Bei den Musik-Features liege das Google-Handy weit hinter dem iPhone zurück, wie Pogue meint. Es gebe kein Programm zum Synchronisieren von Musik und Videos wie iTunes. Darin sieht auch Mossberg einen Nachteil - alle Dateien müssen manuell nach dem Anschluss an den Computer über das USB-Kabel auf das Handy übertragen werden. Laut Mossberg plane Google aber, zumindest ein Backup-Features anzubieten. Bei Cnet sieht man die schlechteren Musik-Features nicht als großes Problem, da das iPhone schließlich ein iPod mit Handy-Funktionen sei und das G1 primär als Mobiltelefon mit Zusatzfeatures gedacht sei. Googles Antwort auf den iTunes-Shop indes ist Amazons MP3 Store. Die Songs können allerdings nur über WLAN und nicht über UMTS heruntergeladen werden.

Mittelmäßige Kamera

Android könne jedoch mit Features wie Voice Dialing, MMS-Versand, Copy-and-Paste, einer integrierten Aufnahmefunktion und der Möglichkeit, jeden Song auch als Klingelton zu nutzen, punkten. Darin sind sich die meisten Tester einig. Auch die Kamera sei mit 3,2 Megapixeln der des iPhones mit 2 Megapixeln überlegen. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Handykameras kann die G1-Kamera allerdings keine Videos aufzeichnen. Auch Einstellungsmöglichkeiten wie Weißabgleich, Effekte oder Aufnahmemodi fehlen, was von den Journalisten kritisiert wird.

Eng an Google-Services gekoppelt

Die Tatsache, dass für die Nutzung eine Registrierung bei Gmail notwendig sind und Kalender und Adressbuch ausschließlich mit Googles Online-Kalender -Adressbuch abgeglichen werden können, dürfte Google-Kritiker davon abhalten ein Android-Handy zu kaufen, ist Pogue überzeugt. Negativ beurteilt wurde auch, dass man für die E-Mail-Nutzung zwei Programme benötigt, eines für Gmail-Accounts und eines für allen anderen. Die gute Integration mit Google-Anwendungen sieht man bei Cnet zwar als Vorteil, kritisiert aber die fehlende Unterstützung von Microsoft Exchange.

Der G1-Browser nutzt wie Googles Chrome und Apples Safari Webkit als Basis. Die Bedienung sei den Berichten zufolge einfach, allerdings unterstützt der Browser kein Flash - YouTube-Videos müssten in einer eigenen Anwendung angesehen werden.

Kein guter Start bei GPS

Die Integration von Google-Anwendungen zeige sich aber am deutlichsten bei den GPS-Funktionen. Hier stehen Google Maps und Street View zur Verfügung. Ein Kompass-Modus weist die richtige Richtung. In den Tests habe die Lokalisierung der Position allerdings öfter versagt. "Das ist definitiv kein guter Start", meint man bei Cnet.

Kritik an Tastatur

Während Apple beim iPhone ausschließlich auf einen Touchscreen setzt, verfügt das HTC G1 auch über zusätzliche Tasten. Die Buttons würden das G1 laut Pogue zwar flexibler aber auch komplizierter machen. Einen deutlicheren Unterschied mache allerdings die ausziehbare Tastatur des G1 aus, die an das T-Mobile Sidekick erinnert. Die Bedienung sei für die Tester allerdings nicht so einfach gewesen. Die Tasten waren für alle zu flach. Man müsse das Gerät jedes Mal um 90 Grad drehen, um Text einzugeben. Außerdem sei es etwas umständlich das Gerät gleichzeitig zu halten und zu tippen, da die Buttons immer im Weg seien, wie man bei Cnet und Gizmodo befindet.

Kein automatisches Kippen

Unverständlich finden die Tester, dass das G1 zwar über einen Kipp-Sensor verfügt, der allerdings nicht mit dem Display gekoppelt ist. Will man ein Bild von der vertikalen Ansicht in die horizontale drehen, müsse man das über das Menü oder durch Ausziehen der Tastatur manuell machen. Laut Cnet habe T-Mobile sich dazu entschlossen, da die Nutzer in Tests es bevorzugt hätten, dass die Ansicht nur dann automatisch wechselt, wenn man die Tastatur auszieht. Auf großes Unverständnis stößt bei allen Testern der fehlende Kopfhöreranschluss. Wer Musik hören möchte, muss sich einen Adapter für den USB-Anschluss besorgen.

Kein Multitouch

Eine gute Bewertung gab es von Cnet für den Touchscreen, der es mit dem des iPhones aufnehmen könne. Das Bild sei scharf, mit lebendigen Farben. Wie beim iPhone oder beim BlackBerry Storm reagiere der Touchscreen zudem nur auf den Fingerdruck und könne nicht mit dem Fingernagel oder einem Stift bedient werden. Gewisse Eingaben bestätige das G1 zudem mit leichten Vibrationen. Im Gegensatz zum iPhone verfüge das G1 allerdings nicht über eine Multitouch-Oberfläche, was das Zoomen von Fotos oder Webseiten nicht so komfortabel mache, was Cnet und Mossberg kritisieren.

Wenig Speicher

Der Akku halte Pogue bei starker Nutzung mit WLAN, GPS und Bluetooth etwa 3,5 Stunden durch. Bei Mossberg und Gizmodo hielt der Akku bei moderater Nutzung einen Tag lang und musste über Nacht wieder aufgeladen werden. Unzufrieden zeigten sich die Tester mit dem geringen Speicherplatz von 1 GB, der nur durch eine microSD-Karte erweitert werden kann. Im Lieferumfang ist eine 1-GB-Speicherkarte enthalten. Das iPhone bietet 8 GB oder 16 GB Speicher. Das G1 unterstützt zudem kein Stereo Bluetooth, weshalb es nicht als Modem für ein Notebook genutzt werden kann, was ebenfalls allen Testern negativ auffällt.

iPhone schneller

Die 3G-Geschwindigkeit sei laut Cnet zufriedenstellend, wenngleich hierbei mehrere Faktoren zusammenspielen, die sich in anderen Ländern mit einer anderen Netzabdeckung nicht 1:1 umlegen lassen. Das Herunterladen von Applikationen aus dem Android Market habe nicht länger als 10 Sekunden gedauert. In Mossbergs Tests sei das iPhone durchschnittlich 50 bis 100 kb/s schneller gewesen als das G1. Probleme mit Abstürzen hatte keiner der Tester, alle beschreiben das Gerät als stabil.

G1 nicht hübsch genug

Beim Design kann das G1 nicht mit dem iPhone mithalten, sind alle Tester einig. Die Tastatur und der austauschbare Akku würden das Gerät schlicht und einfach zu plump machen, meint Pogue. Zwar wird es in Zukunft noch zahlreiche unterschiedliche Geräte verschiedener Hersteller geben, es sei laut dem New York Times-Journalisten aber unwahrscheinlich, dass auch nur eines von ihnen beim Design an das iPhone herankommen werde. Ähnlich sieht man es bei Cnet: das Handy-Design sei nicht gelungen, ganz im Gegenteil zum Betriebssystem Android. Das Gerät sei zwar geeignet für Early Adopters und Gadget-Liebhaber, aber noch nicht reif für Durchschnittsuser und Business-Kunden.

Mossberg sieht im G1 zwar einen würdigen Konkurrenten für das iPhone, aber beide Geräte würden unterschiedliche Nutzertypen ansprechen. Für das Design findet aber auch der WSJ-Journalist keine netten Worte: "Es ist ein klotziger Ziegel." Am besten fasst Gizmodo den Tenor der Tester zusammen: Android sei sehr vielversprechend, das Handy an sich weise aber noch zahlreiche Mängel auf. (br)