Platz zwei geht an Fräulein Mulino von Kluck: gemalt 1930, versteigert 2008 bei Christie's für rund 586.000 Euro.

Foto: Christie's

Wien - Im direkten Vergleich zu jenem seiner Zeitgenossen hat der Markt für Arbeiten von Christian Schad durchaus noch Entwicklungspotenzial. Die erste größere Retrospektive zu seinem OEuvre fand noch zu Lebzeiten des Künstlers statt, 1972 in Mailand (Palazzo Reale), 1980 dann in Berlin (Staatliche Kunsthalle).

In Paris gastierte die erste Schad'sche Detailbetrachtung 2002 (Museé Maillol), in Österreich erfolgt jetzt (noch bis zum 6. Jänner) die Premiere im Leopold Museum. Trotz derlei nennenswerter musealer Präsentationen, die stets für die Nachfrage impulsgebend sind, blieb diese eher verhalten. Das zeigt sich sowohl über Einträge (E) in einschlägigen Kunstpreisdatenbanken, aber auch an den derzeitigen Rekordergebnissen, vor allem gegenüber den auch in der aktuellen Ausstellung präsentierten Kollegen: allen voran Max Beckmann (1988 E; Selbstbildnis mit Horn, 20,96 Mio. Euro, Sotheby's New York), Otto Dix (2094 E; Porträt Dr. Fritz Glaser, 5,09 Mio. Euro, Sotheby's London) oder George Grosz (2422 E; Wildwest, 1,6 Mio. Euro, Christie's London).

Von Christian Schad sind im selben Zeitraum lediglich 377 Auktionsauftritte gelistet, wobei Gemälde mit 22 an der Zahl die Minderheit stellen. Den bislang höchsten Besitzerwechsel notierte Christie's im Februar vergangenen Jahres, als man über das Londoner Headquarter Frau aus Pozzuoli für netto 550.000 Pfund oder umgerechnet rund 834.000 Euro weiterreichte.

Das nunmehr in Privatbesitz befindliche Gemälde ist auch in Wien zu sehen, steht einerseits repräsentativ für Schads in Neapel geschaffene Werke und anderer- seits für den Wandel zur Neusachlichkeit. Das für Ästheten wohl etwas plump wirkende Idealporträt einer Neapolitanerin aus dem einfachen Volk - für sie saß sei- ne Ehefrau Marcella Modell - vereinte Tendenzen des italienischen Realismus mit Einflüssen der italienischen Renaissancemalerei.

Der Künstler selbst bezeichnete aber ein anderes als sein erstes realistisches Bild: Die schöne Loge entstand 1920, war eine Referenz an das neapolitanische Lied und die typische Lebensfreude der lokalen Bevölkerung. Auch dieses Ölbild hatte seinen Auktionsauftritt, als bei Christie's in London im Februar 2006 der Hammer bei moderaten 100.000 Pfund (146.700 Euro) fiel. Gerade die für Eleganz und Dekadenz stehenden und deshalb legendären Frauenporträts aus dem Großstadtleben Berlins scheinen bei den zehn bisher höchsten Auktionsergebnissen weltweit kaum eine Rolle zu spielen, allerdings in Ermangelung entsprechenden Angebotes.

Zum fixen Repertoire der Fotografie-Offerte bei Van Ham (Köln), Villa Grisebach (Berlin) und Lempertz (Köln) gehören dagegen die sogenannten Schadografien. Den höchsten Wert spielte Sotheby's im April dieses Jahres mit netto 145.000 Dollar in New York ein. In Österreich haben Arbeiten Christian Schads bisher eine Nebenrolle gespielt, hauptsächlich kommen sie in Deutschland und vor allem London auf den Markt.

Der weltweite Umsatzkuchen spricht hier eine deutliche Sprache: 84 Prozent entfallen auf Großbritannien, zehn Prozent auf Deutschland. Immerhin stiegen Angebot und Umsatz seit der Ausstellung in Frankreich deutlich an: 2001 spielten 24 Schad-Werke in den Auktionssälen rund 237.000 Euro ein. Das umsatzstärkste Jahr bisher war 2006 mit 1,1 Millionen Euro für 31 Arbeiten, das beste Jahr 2007 mit 876.570 Euro für nur sieben Werke. (Olga Kronsteiner / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.10.2008)