Weltweit fließen pro Jahr geschätzte 1000 Milliarden Dollar an Bestechungsgeldern. Allein in Österreich beträgt der jährliche Schaden für die Volkswirtschaft 23 Milliarden Euro

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Was soll aus dem Büro für interne Angelegenheiten (BIA) werden? Ein Bundesamt im Innenressort oder Justizpolizei für die Korruptions-Staatsanwälte? Der politische Streit zwischen Innen- und Justizressort spitzt sich zu - Von Michael Simoner

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Leogang - Das Rennen um das Büro für interne Angelegenheiten (BIA) geht in die nächste Runde. Sowohl das Innenministerium, wo die Anti-Korruptionseinheit seit 2001 angesiedelt ist, als auch das Justizministerium wollen die "Unbestechlichen" haben. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hält an der Idee ihres Vorgängers Günther Platter fest, aus dem BIA ein „Bundesamt für Korruptionsbekämpfung" zu machen. Justizministerin Maria Berger (SPÖ) will hingegen die Einheit in ihr Ressort holen, als schlagkräftige Ermittlungsgruppe für die Antikorruptionsstaatsanwaltschaft, die ab Jänner 2009 ihre Tätigkeit aufnimmt.

BIA kontrolliert sich selbst

Das Thema Korruption beherrschte am Mittwoch auch die "Österreichischen Sicherheitstage" in Leogang, der größten landesweiten Tagung mit Experten aus Exekutive und Justiz, die alljährlich vom Kuratorium Sicheres Österreich organisiert wird. Der Wiener Rechtsanwalt und Professor an der Uni Graz, Richard Soyer, plädiert etwa für eine Übersiedlung ins Justizressort. Er habe es schon immer "rechtsstaatlich unerträglich empfunden", dass das BIA als Teil der Polizei quasi sich selbst kontrolliert. Auch eine Umbenennung in ein Bundesamt könne das Problem der Weisungsgebundenheit an das Ministerium nicht lösen, sagte Soyer - auch wenn das BIA per Weisung weisungsfrei gestellt sei.

Ermittlungsrecht

Die seit Anfang des Jahres geltende Strafprozessordnung, die der Staatsanwaltschaft ausdrücklich das Ermittlungsrecht gebracht hat, lasse eine Übersiedelung der rund 50 Korruptionsjäger auch zu, argumentiert Soyer: "Wenn schon eine Antikorruptionsstaatsanwaltschaft geschaffen wird, muss man dieser auch Personalressourcen geben."

In Polizeikreisen ist der Begriff der "Justizpolizei", wie es sie zum Beispiel in Italien gibt, allerdings ein rotes Tuch. Dadurch käme die Gewaltentrennung in Gefahr, heißt es im Innenministerium.
Franz-Hermann Brüner, der Generaldirektor des EU-Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF), berichtet hingegen von guten Erfahrungen mit Spezialeinheiten für die Justiz. Der ehemalige Richter hat in München Vergleichbares auf die Füße gestellt. Die Einheit sei zwar nicht Teil der Justiz, dieser aber als Polizei unterstellt. "Dafür mussten nur bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt werden", so Brüner.

Dem politischen Willen ausgeliefert

Aber auch er warnt vor der Schaffung von Agenturen, die dem politischen Willen ausgeliefert sind. "Ich habe erlebt, dass Einheiten nach politischen Veränderungen reformiert wurden. In Wahrheit wurden sie aber nur so verkompliziert, dass ein produktives Arbeiten unmöglich wurde."

BIA-Chef Martin Kreutner will keine Präferenz abgeben. Ob seine Einheit künftig für das Innen- oder das Justizressort arbeiten wird, sei letztendlich eine politische Entscheidung. Ob er der Leiter des BIA bleibt, ist ebenfalls ungewiss. Der Chefposten für eine neue Einheit muss ausgeschrieben werden.

Milliardendelikt

Fix ist, dass Korruption kein Kavaliersdelikt oder eine simple Win-win-Situation zwischen Gebern und Nehmern ist. Die Weltbank schätzt, dass jedes Jahr weltweit 1000 Milliarden US-Dollar an Bestechungsgeldern fließen, Geld, um das die globale Volkswirtschaft betrogen wird. Der Schaden in Österreich ist auch nicht ohne (siehe Wissen). Zum Vergleich: Für 100 Millionen US-Dollar könnten jährlich vier Millionen Kinder mit Impfungen versorgt werden. (Michael Simoner/ DER STANDARD Printausgabe 16.10.2008)