Das Römische Grabhaus in der Nekropole von Ephesos

Wien - Einen Friedhof, auf dem Angehörige der römischen Oberschicht bestatttet wurden, haben österreichische Archäologen bei der diesjährigen Grabungskampagne in Ephesos entdeckt. Wie das für die Grabung verantwortliche Österreichische Archäologische Institut (ÖAI) am Mittwoch in einer Aussendung mitteilte, wurde ein Grabhaus aus der römischen Kaiserzeit (etwa 250 bis 500 n. Chr.) mit fünf mehrfach belegten Gräbern und insgesamt 55 Bestattungen freigelegt.

Foto: ÖAI / N. Gail

Ohr-, Finger- und Lockenringe sowie Halskettenanhänger aus Gold

Reiche Grabbeigaben und die luxuriöse Ausstattung des Grabhauses würden klar zeigen, dass "die Bestatteten der ephesischen Oberschicht angehörten", so die erste stellvertretende Grabungsleiterin Sabine Ladstätter. Ephesos war zu jener Zeit Hauptstadt der römischen Provinz Asia. "Nicht nur aufgrund ihres wissenschaftlichen Wertes, sondern auch aufgrund der Kostbarkeit sind es keine alltäglichen Funde", betonte die Archäologin.

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Römische Kunkel: Eine Halterung für die Rohfaser zum Spinnen des Garns

Das Grabhaus war ursprünglich mit farbigen Wandmalereien und Bodenmosaiken verziert. Gefunden wurden auch zahlreiche Grabbeigaben, die den Bestattungsriten folgend den Toten mit ins Jenseits gegeben wurden. Dazu zählen etwa persönlicher Schmuck und Kleidung, Speise-, Trink- und Salbgefäße aus Keramik und Glas sowie Öllämpchen.

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Massiver Goldring, Onyx mit Kultbild der Artemis Ephesia

Als "hervorragend" wird der entdeckte Goldschmuck bezeichnet, bestehend aus Ohr-, Finger- und Lockenringen sowie Anhängern von Halsketten. "Von höchster handwerklicher Qualität zeugt ein massiver Goldring mit einem Stein aus Onyx, in den das Kultbild der Artemis Ephesia eingraviert ist", so Ladstätter, die den Träger des Ringes "unzweifelhaft als einen Verehrer der Stadtgöttin von Ephesos, möglicherweise sogar als einen ihrer ausgewählten Priester" identifiziert. "Absolute Raritäten" seien außerdem die antiken, beinahe 2.000 Jahre alten Textilfunde: Reste von golddurchwirktem Brokat lassen auf wertvolle Stoffe oder Kleidungsstücke schließen, mit denen die Toten bedeckt waren.

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Das Grab aus der römischen Kaiserzeit

Mangels schriftlicher Belege ist die Besitzerfamilie des Grabhauses nicht überliefert, doch für die Archäologen besteht kein Zweifel, dass es sich um Angehörige der ephesischen Oberschicht handelte. Die Anlage des Grabhauses an einer sehr prominenten Stelle im Stadtbild sowie seine Ausstattung und die Beigaben seien Zeugnisse für den Wohlstand der Ephesier in der römischen Kaiserzeit. Das Grabhaus wurde im 3. Jahrhundert n. Chr. erbaut und blieb bis weit in das 5. Jahrhundert n. Chr. hinein in Benutzung.

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Gedächtnislämpchen für das Jenseits

Von "besonderer kulturhistorischer Bedeutung" ist für die Wissenschafter die Tatsache, dass die ältesten Bestattungen noch von Angehörigen des altrömischen Polytheismus, die jüngeren aber bereits von Personen stammten, die zum Christentum übergetreten waren. Davon zeugen Gedächtnislämpchen mit Kreuzdarstellungen. Die Fundstücke sollen nach ihrer wissenschaftlichen Auswertung im Ephesos-Museum der nahe gelegenen Stadt Selcuk präsentiert werden. (APA/red)

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ÖAI: Ephesos

 

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