Noch sind keine speziellen Rettungsaktionen für Österreichs Gemeinden geplant; auf herbe Verluste stellt man sich mancherorts dennoch ein.

Foto: Standard/Christian Fischer; Illustration: Silvia Druml

Auch Österreichs Gemeinden sind von der globalen Finanzkrise betroffen: 90 niederösterreichische Gemeinden haben Zins-Swap-Kredite aufgenommen, mit Einbußen von bis zu 30 Prozent wird derzeit gerechnet.

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Ungefähr 90 niederösterreichische Gemeinden sollen laut den Landes-Grünen von Verlusten bedroht sein. Etwa Breitenfurt, Mauerbach, Warth, Wiener Neustadt, Zistersdorf, Retz und Bruck an der Leitha. Schuld seien unter anderem Zins-Swap-Kredite, welche die Gemeinden in den vergangenen Jahren aufgenommen haben.
Zistersdorf etwa hat zehn Millionen Euro Kredit mit Zins-Swap aufgenommen. Laufzeit: Fünf Jahre. Bürgermeister Wolfgang Peischl (VP) bleibt dennoch gelassen:"Der Kredit läuft seit 15 Monaten. Zuerst haben wir Gewinne gemacht, nun besitzen wir entsprechende Rücklagen. Gemeinden, die das Guthaben schon verbraucht haben, haben aber sicher ein Problem." Peischl meint, diese Phase müsse man nun durchtauchen. 283.000 Euro Gewinn stünden zu erwartenden Verluste von rund 80.000 Euro gegenüber.
Laut Ingrid Kitzwögerer, Grüne Gemeinderätin in Breitenfurt, habe ihre Gemeinde imRahmen eines Zins-Swap-Geschäfts drei Millionen Euro Kredit aufgenommen. Sie befürchtet jährliche Verluste von 150.000 Euro. VP-Bürgermeister Peter Herzig war am Montag nicht erreichbar. Die Grünen fordern nun Exit-Strategien für Gemeinden und eine eigene Aufsichtsbehörde für ihre Finanzgeschäfte.
Rupert Dworak, Präsident des SP-Gemeindevertreterverbands inNiederösterreich, sieht zwar keine Gemeinde im Land vor der Pleite, aber sehr wohl ein Problem darin, "dass sich Bürgermeister auf Bankberater verlassen müssten" .
Vonseiten der Raiffeisenlandesbank heißt es: "Wir verbinden mit der Gestaltung einer Geschäftsbeziehung ein großes Verantwortungsgefühl." Man berate entsprechend fürsorglich.
Der Präsident des Österreichischen Gemeindeverbunds, Helmut Mödlhammer, sagt:"Man hat sicher 20 bis 30 Prozent Einbußen, wenn man das Geld jetzt aus Zins-Swap-Geschäften nimmt." Es gelte, Ruhe zu bewahren und diese Phase zu durchtauchen. Tatsächlich verspekuliert hätten sich in den letzten Monaten laut Mödlhammer rund ein Dutzend Gemeinden - und zwar im Burgenland. Dort verzichtet Günter Toth, Bürgermeister im südburgenländischen Oberschützen, 2009 auf sein Gehalt, um zumindest einen Teil des Schadens wiedergutzumachen. Insgesamt 210.000 Euro hatte man per Mehrheitsbeschluss veranlagt, allein durch den Crash bei Meinl European Land entstand ein Schaden von mehr als 50.000 Euro.
Wie hoch die Schadenssumme bei den zwölf von hochriskanten Spekulationsgeschäften betroffenen Gemeinden ist, ist noch nicht bekannt.
Die Stadt Wien hat eine Reihe von Projekten mittels Cross Border Leasing finanziert. Im Rahmen dieses vor allem in den Neunzigern sehr beliebten Modells wurden unter anderem U-Bahn-Garnituren und Teile des Kanalnetzes an US-Investoren verleast und sofort wieder zurückgemietet. Wien hat das Geld, das der US-Partner an den österreichischen Leasinggeber überwiesen hat, bei verschiedenen US-Banken angelegt. "Insofern sind wir indirekt betroffen" , sagt Finanzstadträtin Renate Brauner (SP). "Laut allen Experten besteht derzeit aber kein Handlungsbedarf. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass da künftig Umschichtungen notwendig werden." Die Wiener Grünen fordern den ehestmöglichen Ausstieg aus sämtlichen Cross-Border-Leasing-Geschäften. "Denn wenn in den USA nicht der Staat eingesprungen wäre, hätte die Stadt Wien einen Schaden von einer Milliarde Dollar erlitten" , sagt Wirtschaftssprecher Martin Margulies.

Cross-Border-Geschäfte gibt es auch in Tirol. Die Landesregierung lässt die Verträge der Tiwag nun vom Rechnungshof prüfen. Bisher verschont worden seien im wesentlichen Gemeinden in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark, heißt es aus den Büros der zuständigen Landesräte. (mro, mue, pehe, spri, stem, ver, wei, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.10.2008)