Foto: Stadt Frankfurt am Main

Der Kaisersaal im Frankfurter Römer beherbergte Montagabend die Buchpreis-Show

Frankfurt am Main - Älter und nobler ist der Prix Goncourt. 1903 bereits wurde die französische Auszeichnung für den "besten Roman der Saison" gegründet. Und die Jury pflegt ihre Entscheidungen im ehrwürdigen Restaurant Goncourt zu fällen, zwischen zwei Happen, vollmundig, im eigens dafür bestimmten "Salon Goncourt". Dass er ähnliche Ambitionen hegt, demonstriert der Deutsche Buchpreis durch die Wahl des Ortes seiner Verleihung: Kein geringerer als der Kaisersaal im Frankfurter Römer dient zur Kulisse der TV-gerecht sechzig Minuten dauernden Veranstaltung.

Jener Platz, wo seit 1356 die Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zur Wahl zusammentraten. Beziehungsweise sein nach kriegsrestauriertes Double. Zum vierten Mal erst wurde die Auszeichnung nun, einen Tag vor Eröffnung der Frankfurter Buchmesse, verliehen. Gegründet vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, soll der Deutsche Buchpreis wie seine erklärten Vorbilder - neben dem Prix Goncourt der britische Booker Prize, welcher übrigens heute, Dienstag, in London vergeben wird - den "besten Roman des Jahres" küren.

Siebenköpfige Jury

Auch das werbewirksame Procedere wurde den beiden international renommierten Preisen abgeschaut. Der Börsenverein ernannte eine elfköpfige Akademie des Deutschen Buchpreises, deren wesentliche Aufgabe darin besteht, ihrerseits die jährlich wechselnde, aus sieben Personen bestehende Jury zu bestellen. In einem dreistufigen Verfahren wählt diese aus den Einsendungen der deutschsprachigen Verlage den Preisträger: Rund zwei Monate vor Verleihung des Preises veröffentlicht sie eine Longlist mit zwanzig Titeln. Vier Wochen später folgt die auf sechs Werke reduzierte Shortlist, aus der schließlich, vor surrenden Fernsehkameras, der Preisträger gekürt wird.

Im Unterschied zu anderen literarischen Auszeichnungen des deutschen Sprachraums wie etwa dem Georg-Büchner-Preis gilt der Deutsche Buchpreis nicht einem Autor und seinem Lebenswerk, sondern einem konkreten Buch und seinem Verfasser. In dieser Reihenfolge. Schließlich ist es mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Standesvertretung der Verleger und Buchhändler, also jener Institutionen, deren Überleben am Medium Buch hängt, die den Preis ins Leben rief. Mit dem erklärten Ziel, "über Ländergrenzen hinaus Aufmerksamkeit zu schaffen für deutschsprachige Autoren, das Lesen und das Leitmedium Buch".

Verzicht auf sprachlich Gewagtes

Folge dieser Zielsetzung, die dezidiert ein großes Publikum im Auge hat, ist die fast ausschließliche Reduktion der Aufmerksamkeit auf leicht lesbare, plotorientierte Literatur, der Verzicht auf sprachlich gewagtere Texte. Weshalb Jahr für Jahr die literarisch wichtigsten Bücher just nicht in den Long- und Shortlists aufscheinen. Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund allerdings, dass bisher ausnahmslos junge, kaum bekannte Autoren mit der begehrten Trophäe ausgezeichnet wurden.

Nach dem Vorarlberger Arno Geiger im ersten Jahr nahmen den Preis bisher Katharina Hacker und im Vorjahr Julia Franck entgegen. Auch in diesem Jahr fand Martin Walser nicht auf die Shortlist. Mehr als von den 25.000 Euro Preisgeld wird der Gewinner von den hohen Verkaufszahlen seines Buches profitieren - in dieser Hinsicht hat die Inszenierung der Auszeichnung in den letzten Jahren hervorragend funktioniert. (Cornelia Niedermeier, DER STANDARD Printausgabe, 14.10.2008)