Kabinettschrank mit Tierdarstellungen, Tirol, um 1600.

Foto: Kunstkammer Laue

München - Spricht man von Kabinettschränken, so sind kostbare Möbel gemeint, die zur Aufbewahrung wertvoller Sammlungsobjekte dienten. Die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Augsburg und in anderen europäischen Hauptstädten hergestellten Kleinmöbel, worunter auch Prunkkassetten fallen, waren fester Bestandteil klassischer Kunstkammern.

Verarbeitet wurden kostbarste Materialien wie Elfenbein, Schildpatt, exotische Hölzer, Silber, Gold und - Bernstein. Und hier lauert im wahrsten Sinn des Wortes auch ein Anknüpfungspunkt. Der gelbe Schmuckstein aus fossilem Harz spielt im Leben Georg Laues eine elementare Rolle. Die Faszination begann schon in den Kindertagen: Die unvergleichlichen Farbschattierungen, das Spiel der Einschlüsse, das stolze Alter von rund 50 Millionen Jahren nennt der in München angesiedelte Kunsthändler als Koordinaten seiner persönlichen Begeisterung.

Es liegt auf der Hand, welchem Thema er die Abschlussarbeit seines Kunstgeschichtestudiums gewidmet hat. 2005 begleitete sein wissenschaftliches Know-how die im Kunsthistorischen Museum Wien gezeigte Ausstellung Bernstein für Thron und Altar. Und spätestens seit 2006, als er mit einer vielbeachteten Ausstellung mit Bernstein-Kostbarkeiten aus europäischen Kunstkammern begeisterte, gilt die Münchener Schellingstraße Nr. 56 als erste Anlaufstelle für einschlägige Sammler.

Gemeinsam mit Michael Werner (New York) setzte er im gleichen Jahr die fossilen Wunderwerke in einen zeitgenössischen Kontext, zusammen mit den Amber-Paintings von Sigmar Polke zeigte man sie in New York. "Polkes Bilder waren verkauft, bevor sie überhaupt hingen - bei den Kunstkammerobjekten war das Publikum zuerst überfordert", erzählt Laue. Dennoch wurde es ein herausragender Erfolg - die unabhängige Journalistenvereinigung ehrte diese Präsentation mit dem Titel Best Exhibition 2006. Und wir reden hier von New York, nicht von einer Provinzmetropole.

Zurück an die Isar, wo er nun 46 herausragende Erzeugnisse der höfischen Kunsttischlerei aus der Renaissance und dem Barock zusammengetragen hat. Der Anlass - obwohl er einen solchen weder für seine akribischen Recherchen, noch seine unermüdliche Jagd nach ungewöhnlichen Objekten oder den herrlich gestalteten Buchbänden benötigt - sind die vom 11. bis 19. Oktober stattfindenden Munich Highlights. Dieser Zusammenschluss von 29 Kunsthändlern und Galeristen findet heuer zum fünften Mal statt und lockte zuletzt eine wachsende Anzahl internationaler Sammler nach Bayern.

Bislang gab es für diese nicht nur als Behälter für Pretiosen genutzten Kunstkammermöbel keine Literatur. Das ist mit der Veröffentlichung des aktuellen Kataloges Geschichte. 70 Euro kostet der Prachtband, für den Georg Laue über Jahre Exponate hortete. "Mit ihren zahlreichen Schubladen und geheimen Fächern erhöhten sie den Überraschungsfaktor", erzählt der 41-Jährige, "Wissensgewinn wurde in den Kunstkammern eben spielerisch durch Sehen, Assoziieren und Denken erzielt". Wie viel man für solche Kunstschränke oder als Hausaltäre konzipierte Möbelchen ausgeben "darf"?

Mit 10.000 Euro sind kleinere veranschlagt, größere mit exquisiten Hölzern und qualitätsvollen Intarsien kosten bis zu 500.000 Euro. Insofern gilt das um 1580 ausgeführte, ein bisschen österreichisch wirkende Miniatur-Schreibkabinett mit 38.000 Euro als erschwinglich. Die Suche nach dem verborgenen Geheimfach könnte durchaus abendfüllend sein. (Olga Kronsteiner /DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.10.2008)