Die Krise frisst sich durch Geschäft und Marktkapitalisierung der Linzer Voestalpine AG.

Foto: Voestalpine; Montage: Friesenbichler

Die Finanzkrise bringt nun auch den Stahlkonzern Voestalpine in Bedrängnis. Die Finanzierungskosten für die 3,8 Milliarden Euro teure Übernahme der Böhler-Uddeholm AG sind massiv gestiegen. Um an billigeres Geld zur Refinanzierung der Akquisition heranzukommen, wird sich die Voest nun beim Land Oberösterreich 300 Mio. Euro borgen, und zwar in Form einer als Privatplatzierung begebenen endfälligen Anleihe mit einem Zinssatz von 5,75 Prozent. Bisher bekam das Land rund fünf Prozent jährlich Zinsen, die Voest zahlte deutlich mehr.

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Die Finanzkrise und der Kursverfall der Voest-Aktie um die Hälfte auf 17,68 Euro bringen die Voestalpine in eine missliche Lage: Die Übernahme des Edelstahlerzeugers Böhler-Uddeholm wird immer teurer, respektive die Finanzierungskosten des 3,8 Milliarden Euro teuren Deals.
Kredit- und Anleihezinsen steigen in ungeahnte Höhen, während die Börsenkapitalisierung des Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzerns in ungeahnte Tiefen gesunken ist. Mittlerweile ist die ganze Voest weniger wert als die nunmehr als fünfte Voest-Division eingegliederte Böhler-Uddeholm beim Kauf durch die Linzer wert war. Der Kurs der Voest-Aktie ist seit einem Jahr von 65 auf 17 Euro abgestürzt. Zum Vergleich: Anfang Juli hat eine Voest-Aktie noch mehr als 50 Euro gekostet.

Um an billigeres Geld zur "Refinanzierung der Akquisition der Böhler Uddeholm AG" heranzukommen, haben die Voest und ihre Kernaktionäre aus Oberösterreich (Raiffeisen Landesbank, Oberbank, Mitarbeiter) nun in aller Stille einen Deal ausgeheckt: Die Voest borgt sich beim Land 300 Millionen Euro aus, und zwar inForm "einer als Privatplatzierung begebenen Anleihe" . In die steckt das Land einen Teil seiner 650 Millionen Euro aus der Teilprivatisierung der Energie AG Oberösterreich und aus demVerkauf von Wohnbaudarlehen.

Bisher ruhten diese 300 Mio. Euro bei der Hypo Oberösterreich; genau heißt dieses Institut Oberösterreichische Landesbank AG. Sie gehört rund zur Hälfte der oberösterreichischenLandesholding und der Hypo Holding, die wiederum mehrheitlich Raiffeisen Oberösterreich gehört. Das Geld des Landes brachte jährliche Zinsen von ungefähr fünf Prozent, und ist jederzeit verfügbar.

Ein Angebot, das die Voest nun toppt - und das die Landesregierung auf Antrag des Landeshauptmannes und Finanzlandesreferenten, Josef Pühringer, am Montag in einer Regierungssitzung beschlossen hat.

Die Details, wie sie imeinstimmig (ohne Enthaltung) gefassten Regierungsbeschluss festgelegt sind:Die Voest begibt eine endfällige Anleihe zum Zinssatz von 5,75 Prozent; unterm Strich soll die Zinsbelastung rund sechs Prozent ausmachen (Ein-Monats-Euribor von 5,1 Prozent plus 90 Basispunkte). Das ist einBruchteil dessen, was die von der Finanzkrise gebeutelten Banken und Kreditinstitute derzeit vonihrenKreditnehmern verlangen. Ein Linzer Banker, ganz allgemein:"Die Unternehmen bekommen derzeit ja fast kein Geld mehr." Abgewickelt wird der Deal Voest-Land über die Hypo Oberösterreich.

Im Antrag für den Regierungsbeschluss heißt es dazu:"Bei annähernd gleicher Fristigkeit ergibt diese Veranlagung ... jährlich einen um 2,4 Mio.Euro höheren Veranlagungserlös für das Land."
Dass alles sehr schnell gehen musste, wird in regierungsnahen Kreisen in Linz bestätigt, der zuständige Beamte in der Landesregierung, Finanzlandesratsdirektor Josef Krenner, sieht das aber anders und erklärt den Ablauf der Finanztransaktion so:"Der Beschluss ermächtigt die Regierung, mit der Voest darüber zu verhandeln" . Noch sei nichts fix, Details seien mit dem Stahlkonzern erst festzulegen.

Krenner stellt die Beweggründe für das quasi-staatliche Darlehen an die privatisierte Voest, das diese offiziell von der im Eigentum des Landes und der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB OÖ) stehenden Bank bekommt, wie folgt dar: Es gehe darum, die derzeit als Rücklagen eingestellten 650 Mio. Euro Verkaufserlös der EAG besser zu veranlagen, als dies bei Kreditinstituten derzeit möglich wäre. "Es geht also um eine Win-Win-Situation", sagt Krenner, der praktischerweise im Voest-Aufsichtsrat sitzt. "Die Voest müsste bei Banken höhere Zinsen zahlen und wir bekämen niedrigere. Warum sollten wir uns da nicht zusammentun?"

Er bestätigt, dass das Geld in zwei Tranchen fließen würde: 200 Mio. Euro bis 2010 und weitere 100 Mio. Euro bis 2011. Erste offizielle Gespräche mit Voest-Generaldirektor Wolfgang Eder fänden erst heute, Donnerstag, statt.

Voest-Sprecher Gerhard Kürner bestätigt den 300-Mio.-Deal auf Anfrage des Standard. VomBöhler-Kauf sind 500 Millionen über Kredite finanziert, von denen werden nun 300 Mio. aufs Land umgeschuldet. Nur ein Preisvergleich:Die Hybridanleihe, die die Voest aufgelegt hat, ist derzeit mit 7,125 Prozent verzinst. (Renate Graber, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.10.2008)