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Ein Polizist mit "merkwürdigem" Verhalten.

Foto: dpa / Christian Elsner

Feldkirch - "Es war total familiär", beschrieb der frühere Postenkommandant von Hörbranz vor dem Landesgericht Feldkirch das Betriebsklima auf "seinem" Posten. Dass er einer junge Polizistin sehr nahe gekommen war, bestritt der 50-Jährige nicht.

Er habe seine Untergebene in die Hand gebissen, "wie man halt ein kleines Kind so ein bisschen in die Hand beißt". Ein zweites Mal habe er nicht zugebissen, sich ihrer Schulter aber "mit dem Mund genähert". Heute sei ihm das "peinlich". An den Oberarmen gepackt habe er sie auch. "Aber nie gezwickt, das würde ich nie tun, das tut ja weh." Ins Klo gesperrt habe er die junge Frau nicht. Er habe nur die Klinke festgehalten, "weil ich sie fuxen wollte". Richterin Nina Härting, eine Tirolerin, will wissen, ob er unter "fuxen" so was wie "einen Scherz machen" verstehe. Genau so sei das, sagte der Angeklagte.

Opfer und Kollegen bestätigen das Verhalten des Chefs. Die Frauen: "Wir haben das erduldet." Die Männer: "Es war halt seine Art, dass er die Leute, vor allem die Frauen, immer wieder berührt hat." Manchmal auch Männer. "Wie dann die Mädchen gekommen sind, hat er mich nicht mehr angegriffen, da war ich nicht mehr der Jüngste im Team", sagte ein Polizist aus. Gemurrt habe man, wenn der Chef nicht anwesend war. Aussprachen oder Beschwerden habe es keine gegeben. "Meine Tochter hatte Angst vor der Hierarchie", sagte die Mutter des Opfers. "Ja, ich habe berufliche Nachteile befürchtet", bestätigt die 22-jährige Polizistin. "Alle haben gemeint, es bringt nichts, wenn man sich beschwert." Der Chef habe ja beste Beziehungen.

Sechs Stunden bekamen die Gerichtskiebitze am Freitag am Landesgericht Feldkirch Anschauungsunterricht in Mobbing und Führungsverhalten in der ländlichen Polizeiinspektion.

"Nicht normal"

Strafrechtlich sprach die Richterin den Polizisten frei, moralisch nicht: "Nicht normal", "merkwürdig" sei das Verhalten des Postenkommandanten gegenüber weiblichen Untergebenen, stellte die Richterin fest. "Sie haben eine eigenartige Vorstellung davon, was lustig ist." Für einen Schuldspruch wegen Nötigung, Körperverletzung, Misshandlung, Beleidigung reichten war Richterin Härting die Beweislage dann doch zu dünn. Sie konnte weder Vorsatz erkennen, noch waren Verletzungen nachzuweisen.

Der ehemalige Postenkommandant wird sich noch vor einer Disziplinarkommission verantworten müssen. Bis die ihren Spruch gefällt hat, ruht seine Bewerbung als Leiter der Landesleitzentrale. Diese Bewerbung sei Grund für die Anzeige gewesen, vermutete der Verteidiger eine Intrige aus Polizeikreisen. (Jutta Berger, DER STANDARD, Print, 4./5.10.2008)