Die drei Weisen auf Ruhepause: Mark Peranson hat den Dreh zu Albert Serras "El Cant dels Ocells"  dokumentiert.

Foto: Viennale

Die drei Weisen aus dem Morgenland haben eine beschwerliche Reise vor sich. Unwirtliche vulkanische Landschaften voller Geröll, steile Anstiege oder Wüstensand, der nur ein langsames Vorwärtskommen erlaubt. El Cant dels Ocells (Der Gesang der Vögel), der neue Film des katalanischen Regisseurs Albert Serra, tut nichts weiter, als sie auf ihrem langen Weg zum Jesukind zu begleiten.

Die Schwarz-Weiß-Bilder, die nur mit Naturlicht aufgenommen wurden, sind auf das Allerwesentlichste reduziert: drei Gestalten in langen Gewändern in archaisch wirkenden Landschaften- nicht mehr. Der Wind pfeift. Manchmal verschwimmen die Bilder im Nebel, dann verschluckt der Horizont die Sicht auf die Reisenden, doch die Szene geht so lange weiter, bis ihre Silhouetten wieder kurz hinter einer Düne auftauchen.

Serra, der vor zwei Jahren mit Honor de cavalleria, seiner lyrischen DV-Variante einer Don-Quixote-Adaption, ein vielbeachtetes Debüt vorlegte, ist ein Filmemacher, der sich an keine Vorgaben hält. So streng seine Arbeiten mitunter erscheinen - manche Passagen erinnern an Filme von Straub/ Huillet -, so leidenschaftlich suchen sie das Experiment.

Handlung findet sich in El Cant dels Ocells kaum eine, Dialoge sind selten: Die drei Weisen, die von befreundeten Laiendarstellern weniger verkörpert, als tatsächlich improvisiert werden, marschieren nur - oder sie rasten und kommen dann nicht gleich wieder hoch. Ihre Gespräche sind von wundersamer Absurdität, die an Stücke von Samuel Beckett denken lässt. Es geht beispielsweise um die Frage, wie sich Wolken anfühlen; oder um bizarre Träume - der beleibteste der drei erzählt, wie er sich einmal im Inneren einer Schlange wiederfand.

Der kanadische Filmkritiker Mark Peranson, der im Film die Rolle des Josef innehat, nutzte die Gelegenheit, die Dreharbeiten zu dokumentieren: Waiting for Sancho liefert aufschlussreiche Einblicke in Serras ungewöhnliche Arbeitsweise. Wenn er etwa seine Darsteller zum Lachen bringen will, ruft er: "Blow Job! Wick Vaporub! Real Madrid!"

Das Making-of wirkt manchmal kaum weniger unwirklich als der Film. Serra inszeniert mit viel Augenmerk auf die körperliche Präsenz und die Landschaften, die beiden Gewissheiten seines Films. Die kontemplative Stimmung von El Cant dels Ocells verdankt sich dieser Konzentration auf das reine Sehen, das den Mythos nur als lose Skizze braucht. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.10.2008)