Denn beide wollen nicht schuld daran sein, sollte das 700 Milliarden Dollar teure Rettungspaket erneut im Repräsentantenhaus scheitern.

*****

So viel Eintracht war selten: Fast wortgleich warben John McCain und Barack Obama dafür, das Rettungspaket vor dem Scheitern zu bewahren. Beide Präsidentschaftskandidaten unterbrachen am Mittwoch ihren Wahlkampf, um in den politischen Hexenkessel, nach Washington, zu fliegen.

Dort wollte der Senat in der Nacht über den Krisenplan von Finanzminister Henry Paulson abstimmen, eine bis zu 700 Milliarden Dollar teure Aktion, bei der der Staat faule Kredite aufkaufen soll. Auch der altgediente Senator Joe Biden, Obamas Vize-Kandidat, wollte an dem Votum teilnehmen, bevor er sich am Donnerstag ein mit Spannung erwartetes TV-Duell mit seiner Rivalin Sarah Palin liefert.

Hatten sich McCain und Obama zunächst mit der Rolle von Zaungästen begnügt, so werfen sie nun ihre ganze Autorität in die Waagschale. Nach der überraschenden Abstimmungsniederlage im Repräsentantenhaus wollen sie eine Wende erzwingen, damit es hinterher nicht heißt, sie hätten das Wohl des Landes aus den Augen verloren. In zahllosen Gesprächen reden sie skeptischen Parteifreunden ins Gewissen. Soll die größere der beiden Parlamentskammern Paulsons Rettungsplan im zweiten Anlauf annehmen, müssen wenigstens zwölf Abgeordnete, die erst mit Nein gestimmt hatten, die Seiten wechseln.

Um den Rebellen ein Umschwenken zu erleichtern, haben Unterhändler das Papier nachgebessert. So will die Regierung die staatliche Sicherung von Bankeinlagen deutlich erhöhen. Angesichts der Welle der Bankenpleiten hatten verängstigte Wähler ihre Abgeordneten mit entsprechenden Forderungen bestürmt.
Außerdem soll die Steuerlast sinken, wenn ein Unternehmen in erneuerbare Energien investiert. Dies könnte allerdings neuen Widerstand provozieren: Mit Blick auf das Budgetdefizit halten manche Volksvertreter den finanziellen Spielraum für ausgeschöpft. Einige von ihnen haben am Montag für den Rettungsplan votiert und könnten sich nun gegen ihn wenden.

Die politische Elite wiederum räumt selbstkritisch ein, dass sie den Bürgern schlecht erklärt hat, warum die Feuerwehraktion notwendig ist. Nur die wenigsten hätten verstanden, dass die gesamte Wirtschaft leide, wenn die Finanzhäuser kaum noch Geld leihen. Es sei der Eindruck entstanden, als ginge es nur darum, die Wall Street zu retten, sagte Obama. "Aber darum geht es nicht" , fügte der Senator via Fernsehen direkt an die Wähler gewandt hinzu. "Es geht darum, dass es für Sie schwerer wird, einen Kredit für Ihr Haus zu bekommen oder das Darlehen, das Sie brauchen, um Ihre Kinder aufs College zu schicken."

Zu guter Letzt verschwindet auch das Etikett, das man dem Paulson-Plan aufgeklebt hat, in der Schublade. Bisher war immer von "bail out" die Rede, was übersetzt bedeutet, jemandem aus der Patsche zu helfen. Jetzt hat das Weiße Haus die Vokabel aus seinem Wortschatz gestrichen. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 2.10.2008)