Der Umstand, dass Niederösterreich bei der Veranlagung der NÖ Wohnbaugelder aufgrund der Finanzkrise zum derzeitigen Stand 300 Millionen Euro verloren hat, hat am Dienstag über das Bundesland hinaus für politische Diskussionen gesorgt. Kärntens Landeshauptmann BZÖ-Chef Jörg Haider nahm das Thema zum Anlass, Druck aus dem Raiffeisen-Konzern für die Wahl Josef Prölls zum neuen ÖVP-Bundesparteiobmann zu vermuten.

Der Druck in Richtung Rot-Schwarz werde von einer bestimmten Gruppe ausgeübt, die einer "größeren Bankengruppe" angehören würden, sagte Haider in einer Pressekonferenz und präzisierte auf Nachfrage, es handle sich um Raiffeisen. Diese Bankengruppe könnte schon bald in größere Schwierigkeiten kommen, behauptete der Kärntner Landeshauptmann. Ihm lägen gesicherte Informationen vor, wonach in Niederösterreich lukrierte Gelder aus dem Verkauf von Wohnbauforderungen "hochspekulativ" angelegt worden seien und in der derzeitigen Bankenkrise "krachen" könnten.

Raiffeisen klagt auf Unterlassung

Raiffeisen will mit einer Klage reagieren: "Wir verwehren uns aufs Schärfste gegen derartige Verleumdungen und klagen auf Unterlassung und Widerruf der rufschädigenden Äußerungen", erklärte die Sprecherin der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, Michaela Stefan-Jandl, in einer Aussendung.

Überaus scharf nahm VPNÖ-Landesgeschäftsführer Gerhard Karner zu den Aussagen des BZÖ-Chefs Stellung: "Offensichtlich hat Haider nach dem Wahlkampf seine Medikamente abgesetzt, weil er sie sich nicht mehr leisten kann, da er ja in Kärnten alles verscherbelt hat und pleite ist." Hingegen würden in Niederösterreich die Erlöse aus den Wohnbaugeldern für Sozialpolitik verwendet und die Hilfsbedürftigen damit unterstützt.

Veranlagungen

Aus der Sicht von Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka  "wurden nicht 300 Millionen verloren - bewertet man die Veranlagung in der Gesamtsicht, ergibt sich ein Plus von 545 Mio. Euro und sogar ein Ausschüttungsgewinn von 860 Mio. Euro".

Niederösterreich gehe bei der - langfristigen - Veranlagung mit gemischten Portfolios ein geringes Risiko ein. In Summe wurden 4,38 Mrd. Euro veranlagt, seit 2002 wurden 860 Mio. Euro ausgeschüttet. Würde NÖ auf Sparbücher setzen, wären es nur 357 Mio. Euro gewesen. Die Erlöse würden eins zu eins für Maßnahmen im Sinne der sozialen Modellregion NÖ eingesetzt.

Buchwertige Auf- und Abwärtsschwankungen seien normal. Im Vergleich zum ATX, wo es seit Jahresbeginn 40 Prozent nach unten ging, sei Niederösterreich mit derzeit minus acht Prozent noch gut dran. Die Gelder wurden in vier Tranchen veranlagt, einer von insgesamt 20 Fonds wird von Raiffeisen verwaltet. Das Ziel eines Netto-Returns auf das eingesetzte Kapital von fünf bis sechs Prozent sei in acht Jahren sechsmal erreicht worden. Der Rechnungshof habe vier Mal geprüft.

Die Veranlagung der NÖ Wohnbaugelder wird am Donnerstag im NÖ Landtag diskutiert: "300 Millionen Euro Schaden für NÖ Bürger durch ÖVP/SPÖ Spekulationsgeschäfte" lautet der diesbezügliche FPÖ-Antrag.

Haider fordert "volle Aufklärung"

Haider wiederum mutmaßte, wegen dieses Risikos sei eine SPÖ-ÖVP-Koalition auf Bundesebene vonnöten, um in diesem Falle eine "Notaktion" zur Rettung der Bank durchführen zu können. "Das wird aber nicht unter dem Teppich bleiben, dazu ist die Opposition im Parlament viel zu stark", betonte Haider. Er fordert nun eine Prüfung durch die Finanzmarktaufsicht und "volle Aufklärung".

Eine SP-VP-Koalition werde vom BZÖ jedenfalls abgelehnt, wiederholte der Parteichef. Alle anderen Varianten seien denkbar, Haider wollte auch die Unterstützung einer roten oder schwarzen Minderheitsregierung nicht ausschließen. Er selbst werde jedenfalls den Kurs des BZÖ im Parlament vorgeben, dafür müsse er nicht im Nationalrat vertreten sein: "Ich kann auch ohne Mandat Klubobmann sein, das obliegt dem Klub selbst, der sich seine Statuten gibt." (APA/red)