Scharfblick: Die Frauen der Formation "frufru" nehmen Hymnen und verpassen ihnen mit seltsamen Klangerzeugern unheldisches Flair.

Foto: frufru

Es gibt alljährliche Erfahrungen beim ehrwürdigen musikprotokoll - auf die freut man sich, auch wenn sie nicht unmittelbar mit Musik zu tun haben. Wer etwa schon einmal zum Dom im Schlossberg hinaufgepilgert ist, durch diese imposante lange "Röhre" , wer das Meditative dieses Weges genossen hat, diese kleine Wegstrecke der Ruhe, der freut sich auf eine seltene Form der Konzerteinstimmung.

Apropos Weg: Man kann anhand des musikprotokolls quasi auch - Klangorte suchend - Graz kennenlernen. Diverse, oft weit auseinanderliegende Aufführungsräume animieren nebenbei auch zur Ortserkundung. In diesem Jahr sind neben dem Dom im Berg die Generalmusikdirektion, das Murufer, das Minoriten-Café dabei. Den Beginn macht der Stefaniensaal gleichsam mit "normalen" Konzerten.

Ebendort werden die Komponisten Beat Furrer und Bernhard Lang gewürdigt; das Radiosymphonieorchester Wien interpretiert Furrers Klavierkonzert (mit dem Pianisten Nicolas Hodges) und Langs Konzert für Orchester und E-Zither. Dazu erklingt Bruno Mantovanis klangfarbenreiche Komposition Hommage à Gesualdo. Grundsätzlich spannt das musikprotokoll einen Bogen zwischen Improvisation, Elektronik und Komposition; der Hauptblock der Veranstaltung (ab 9. Oktober) hat als einen Schwerpunkt das Projekt "European Cities of Advanced Sound". Da wäre der Norweger Pål Asle Pettersen mit seinem Interesse für "Mikrostrukturen der Klänge", da wären auch "frufru" , die mit exzentrischen Klangerzeugern etwa stolze Nationalhymnen auf putziges Format bringen.

Daneben wird sich das Duo bonaNza mit Schönbergs Pierrot remixmäßig auseinandersetzen. Ein weiterer Schwerpunkt nennt sich "... as seen from the middle of east ..."; er präsentiert Kooperationen mit Künstlerinnen und Künstlern aus dem Libanon, Jordanien, Israel und Palästina. "Radical Hetero" wiederum bringt eine Begegnung mit dem Gomberg-Projekt von Trompeter Franz Hautzinger. Und "Strenge Kammer" präsentiert Stücke von Mathias Pincher, Stefano Scodanibbio, Enno Poppe, Bernhard Gander und Rebecca Saunders.

Im Minoritensaal schließlich wird zum Finale noch auf die Jungen ein Auge geworfen - das musikprotokoll präsentiert Werke von Studierenden der Kompositionsklasse der Kunstuni Graz. Das passt zu dem ältesten heimischen Festival des Zeitgenössischen vorzüglich. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD/Printausgabe, 30.09.2008)