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Van der Bellen stellt die Vermutung in den Raum, dass das Potenzial einer gesellschaftsliberalen Partei eben nur bei 10 Prozent liege.

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Grünen-Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny hofft auf die Wahlkarten. "Damit könnten die Grünen noch Platz vier erreichen."

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Lange Gesichter bei der Wahlparty der Grünen.

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Alexander Van der Bellen hatte es irgendwie schon geahnt. Als der Bundessprecher der Grünen am Sonntagvormittag in Wien-Währing seine Stimme abgab, hielt er es für "unwahrscheinlich", dass seine Partei erneut am dritten Platz landen würde.

Und es kam sogar noch schlimmer: Im Lauf des Nachmittags rutschten die Grünen auf Platz fünf und damit hinter das BZÖ zurück. Bei 9,8 Prozent, sprich 19 Mandaten, hielten sie schließlich bei den abendlichen Hochrechnungen. Das bedeutet einen Stimmenverlust von 1,3 Prozent. Von den 15 Prozent, mit denen die Grünen in Inseraten geliebäugelt hatten ("Mit 15 Prozent Grün in die Regierung"), blieben sie deutlich entfernt. Diese 15 Prozent seien nur "eine Chiffre für Zulegen" gewesen, räumte Van der Bellen ein - doch selbst das blieb seiner Partei verwehrt, zumindest nach den am Sonntag abgegebenen Stimmen.

Erinnerung an 2006

Denn die Grünen trösten sich nun mit der Erinnerung an die Nationalratswahlen 2006: Damals überholten sie nach der Auszählung der Wahlkarten haarscharf die FPÖ. Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny sagte in einer ersten Reaktion, sie gehe davon aus, dass ihre Partei das Ergebnis von 2006 doch noch halten könne - und dann habe man "schon auch einen Erfolg" eingefahren.

Dass man sich mehr erwartet habe, stehe außer Frage. Selbstkritik übte Sburny dennoch keine: "Wir haben gut mobilisiert", lautete ihr erstes Resümee. Vielmehr hätten ÖVP und SPÖ alles getan, um die FPÖ und das BZÖ zu stärken. Die Grünen seien mittlerweile die einzige Partei, die sich "ganz klar gegen die Rechte abgegrenzt hat", betonte Sburny.

Die grüne Basis fand deutlichere Worte: "Scheiße, das gibt's ja nicht" und "Fuck" waren zu hören, als bei der grünen Wahlparty in der Remise in Wien-Leopoldstadt die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme flimmerten.

Sozialsprecher Karl Öllinger machte ebenso wenig einen Hehl aus seiner Enttäuschung. "Das ist eine Niederlage, gemessen an den eigenen Zielen." Eine Obmanndebatte wollte Öllinger am Sonntagnachmittag aber noch nicht anzetteln: "Jetzt müssen wir einmal das Wahlergebnis abwarten, und dann, so wie es ausschaut, auch verdauen. Jetzt soll man keine Schnellschüsse machen."

Tatsächlich wird an dieser Diskussion aber kein Weg vorbeiführen. Bereits zum vierten Mal gingen die Grünen mit Van der Bellen als Spitzenkandidat ins Rennen, mit 64 Jahren ist er der älteste im Kreis der Spitzenkandidaten. Seit 1997 ist der Tiroler Wirtschaftsprofessor Parteichef, damals standen die Grünen bei 4,8 Prozent. Ihm wird nachgesagt, die Partei über die Jahre geeint zu haben. In die Regierung führen konnte er sie dennoch nicht, 2002 scheiterten die Verhandlungen über eine Koalition mit der ÖVP.

Als "Kronprinzessin" gilt seit langem die Stellvertreterin von "VdB", Eva Glawischnig. Sie ist innerparteilich nicht unumstritten, Van der Bellen betonte aber vor der Wahl, dass - in bester grüner Reißverschluss-Tradition - seine Nachfolgerin eine Frau sein solle. Die Kärntnerin war in der letzten Legislaturperiode Dritte Nationalratspräsidentin, diesen Posten müssen die Grünen aber ohnehin abgeben. Er geht - den parlamentarischen Usancen folgend - an die drittstärkste Kraft.

Wertvolles 21. Mandat

Auch monetär könnte sich das schlechte grüne Ergebnis unangenehm auswirken. Denn die Klubförderung für die Parlamentsparteien wird nach "Zehnersprüngen" vergeben - sprich: Ab dem 11., 21. oder 31. Mandat gibt es jeweils mehr Geld. Das 21. Mandat, das 2006 nach Auszählung der Wahlkarten vom BZÖ zu den Grünen gewandert war, brachte 400.000 Euro mehr. Am gestrigen Wahlabend blieb es bei 19 grünen Parlamentssitzen. (DER STANDARD Printausgabe, 29. 9. 2008)