Wien/München/Tokio - Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO), Mohammed ElBaradei, hat die USA zu direkten Verhandlungen mit dem Iran aufgefordert, um den jahrelangen Atomstreit zu lösen. "Wenn die USA mit Nordkorea verhandelten, dann verstehe ich nicht, warum sie nicht mit Iran verhandeln können", sagte ElBaradei der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Eine Lösung sei aber nur im Rahmen einer neuen Sicherheitsarchitektur für den Nahen Osten möglich. "Aber das wird nicht gehen, ohne die regionale Rolle des Iran zu erörtern und die der anderen Länder im Nahen Osten. Und natürlich gibt es noch den Elefanten im Raum: Israels Atomprogramm", sagte ElBaradei.

Nachfolge

Eine militärische Lösung existiere nicht. "Ein Angriff auf Irans Nuklearanlagen könne das Programm zur Urananreicherung allenfalls verzögern, würde dafür aber den gesamten Nahen Osten in einen Feuerball verwandeln", warnte der IAEA-Chef. Auch im Falle Nordkoreas plädierte ElBaradei für weitere diplomatische Bemühungen. "Es ist natürlich derzeit keine erfreuliche Situation", sagte ElBaradei, "aber wenn wir nicht mit Nordkorea reden, wird sie nur noch schlimmer."

ElBaradei hatte vor wenigen Wochen angekündigt, dass er im nächsten Jahr nicht mehr für eine vierte Amtszeit als IAEA-Chef kandidieren werde. Die japanische Regierung nominierte daraufhin am Freitag ihren Wiener UN-Botschafter, Yukiya Amano (61), für die Nachfolge des amtierenden Generaldirektors. Weitere mögliche Kandidaten sind der südafrikanische IAEA-Botschafter Abdul Minty und der Leiter der in Den Haag ansässigen UN-Chemiewaffenbehörde OPCW, Rogelio Pfirter.

"Nicht von politischen Absichten leiten lassen"

ElBaradei hatte am Donnerstagabend bereits ungewöhnlich offen Forderungen der USA zurückgewiesen, schon in wenigen Wochen einen Bericht über mögliche Atompläne Syriens vorzulegen. "Wir werden einen entsprechenden Bericht vorlegen, wenn wir genügen Fakten haben", betonte ElBaradei am Rande der IAEA-Gouverneursratstagung in Wien. Die UN-Atombehörde werde sich bei ihrer Arbeit "nicht von politischen Absichten leiten lassen".

Gleichzeitig nahm er die Regierung in Damaskus gegen Kritik in Schutz, sie verzögere Untersuchungen von Vorwürfen Israels und der USA, wonach Syrien bei Al Kibar mit nordkoreanischer Hilfe einen Atomreaktor gebaut habe. Die israelische Luftwaffe hatte den umstrittenen Rohbau nahe dem Euphrat-Fluss im September 2007 zerstört.

ElBaradei hatte in einem Bericht an den IAEA-Gouverneursrat am Montag erklärt, seine Inspekteure hätten bisher keinerlei radioaktive Strahlung in dem Gebiet um den zerstörten Bau entdeckt. Verzögerungen bei den weiteren Untersuchungen seien entstanden, weil ein zwischen Damaskus und Wien eingesetzter Mittelsmann ermordet worden sei. Die Herbstsitzung des IAEA-Gouverneursrats ging am Donnerstagabend zu Ende. (APA/dpa)