Wenn Menschen mit geringer Schulbildung aus Nordafrika auswandern, so landen sie - falls sie überhaupt landen - zu 75 Prozent in der EU. In die USA schaffen es weniger als fünf Prozent. Wenn hingegen ägyptische Ingenieure oder indische Computerspezialisten auswandern, gehen sie zu 55 Prozent in die USA. Nur knapp fünf Prozent kommen in die EU.

Ein Grund für dieses Missverhältnis: Die USA sind der weitaus attraktivere Arbeitsmarkt. Wer es einmal bis zur begehrten Green Card, der US-Arbeitserlaubnis, gebracht hat, kann von New York bis Los Angeles tätig werden (und wird dazu auch noch deutlich freundlicher empfangen).

Die Blue Card der EU sollte gegensteuern: Eine Arbeitserlaubnis für alle 27 Mitgliedstaaten wäre doch für so manchen „Hochqualifizierten" ein Anreiz, in die EU zu kommen - in eine Union, deren Bevölkerung schnell altert und die auf Zuwanderung angewiesen ist, will sie ihr wirtschaftliches Niveau auch nur halten. Allein für Österreich werden ab 2020 bis zu 30.000 Einwanderer pro Jahr nötig sein.

Doch die EU-Kommission, die den Blue-Card-Vorschlag präsentierte, wurde von den Innenministern in die Schranken gewiesen. „Wir brauchen das nicht," sagte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Das Ergebnis des monatelangen Feilschens wird eine Blue Card, die keinen Vorteil mehr bringt: Der Inhaber muss in jedem Land erneut um eine Arbeitsgenehmigung ansuchen. Das ist auch ohne Card so. „Von der Blue Card geht keine Gefahr mehr aus", meinte Innenministerin Maria Fekter. Und bestätigt damit, das die Karte völlig wertlos geworden ist. (Michael Moravec/DER STANDARD, Printausgabe, 26.9.2008)