Wien - 47 Performances mit über 60 Künstlern beinhaltet das Herbst-Projekt der Wiener Freien Gruppe "ensemble für städtebewohner": Unter dem Titel "Ich war Sebald - Abverkauf" veranstaltet die Gruppe von 4. bis 31. Oktober in der Radowanhalle am Yppenplatz in Wien-Ottakring ein von Dichter W.G. Sebald (1944-2001) inspiriertes "multimediales Gesamtkunstwerk, das sich traditionellem Spartendenken konsequent verweigert".

Sebalds Text "Nach der Natur. Ein Elementargedicht" gibt die Themen dieser "Oktoberinstallation nach der Natur" vor: Erinnerung, Gedächtnis und die gesellschaftlichen Ränder. Unter der Leitung von Regisseur Christoph Coburger will man sich mit "unerkannten Großmeistern ebenso wie Underdogs, Losern, Selbstmördern, Köchen, Dilettanten und Emigranten" beschäftigen, "mit Persönlichkeiten, die sich stets mit dem zweiten Rang zufriedengeben mussten", so die Ankündigung, in der Coburger betont: "Das ist kein Festival. Wir nennen es eine Textverbreiterung."

Die Bandbreite reicht von E-Musik-Improvisationen, Turntable-Akrobatik und Songwettbewerben über Hörspiel-Experimente und Mono-Opern bis zu Film- und Videoinstallationen. Nahezu alle Programmpunkte sind Uraufführungen oder Österreich-Premieren, die meisten werden nur einmal gezeigt. Die Produktionen werden mit Video dokumentiert und sind danach online zu sehen. Die Performances werden jeweils ab 19 Uhr gezeigt. Interessierte können jedoch schon ab 11 Uhr vormittags bei Proben- und Aufbauarbeiten dabei sein sowie Videoinstallationen ansehen. Unter den Mitwirkenden befinden sich die Musiker Franz Hautzinger, Martin Brandlmayr und Werner Dafeldecker, die Turntable-Truppe "Institut für Feinmotorik", Medienkünstler Michael Strohmann, die Szene-Stars Fritz Ostermayer und Tex Rubinowitz und die Schauspielerinnen Barbara Spitz, Sylvana Krappatsch und Juliane Werner.

Das 1989 in Hamburg von den Komponisten Ernst Bechert und Christoph Coburger gegründete "ensemble für städtebewohner" hatte 2005 als "Prototyp für die Wiener Theaterreform" (Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny) einen vierjährigen Subventionsvertrag erhalten. "Das Ensemble versteht sich als Pool von KünstlerInnen, die in einem unabhängigen Rahmen diejenigen Produktionen realisieren, die an staatlichen und städtischen Häusern aus den verschiedensten Gründen nicht oder viel zu selten gezeigt werden", heißt es in einer Selbstdarstellung. "Dazu gehören überwiegend Ur- und Erstaufführungen, darüber hinaus geht es um die Entwicklung von Arbeitsweisen, die an Repertoire-Bühnen aufgrund diverser Sachzwänge nicht zu realisieren sind." (APA)