Foto: Standard/Corn

Abwenden nicht notwendig: Bei Verkehrsbetrieben in ganz Österreich wird betont, dass Kopftuchträgerinnen als Mitarbeiterinnen willkommen sind.

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Die junge Frau ist bundesweit eine der ersten gläubigen Muslimas, die sich für diesen "Männerberuf" beworben haben.

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Wien - Der berufliche Werdegang als Straßenbahn- oder Buslenkerin steht muslimischen Kopftuchträgerinnen grundsätzlich in ganz Österreich offen. Das ergab am Mittwoch ein Standard-Rundruf bei Verkehrsbetrieben bundesweit: Tags zuvor hatte die Nachricht, dass eine Frau mit der viel diskutierten Kopfbedeckung in Wien ab Mitte Oktober eine Straßenbahn chauffieren wird, für Aufsehen gesorgt.

Offenheit herrschte etwa bei der Salzburg AG. "Mit einer kopftuchtragenden O-Busfahrerin oder auch einem Sikh mit Turban hätten wir überhaupt kein Problem", betont Unternehmenssprecher Sigi Kämmerer auf Anfrage des Standard. "Sollte sich eine Kopftuch tragende Busfahrerin bewerben, sehe er darin keine Schwierigkeit", meint auch der Chef der Grazer Verkehrsbetriebe, Antony Scholz. Und Martin Baltes, Chef der Innsbrucker Verkehrsbetriebe, würde eine Kopftuchträgerin ebenfalls anstellen: Immerhin habe auch schon ein traditionell gekleideter Hindu einen Bus durch die Straßen von Innsbruck gelenkt.

Im Prinzip kopftuchfreundlich äußerte man sich auch bei den steirischen, den Kärntner und den Linzer Öffis. Würde einer Muslima in Oberösterreich das Tragen des Kopftuchs verboten, so wäre dies ein Verstoß gegen das Antidiskriminierungsgesetz des Landes, das seit 2005 in Kraft ist - und das könne eine Strafe bis zu 7000 Euro nach sich ziehen, hieß es etwa bei der Presseabteilung der Linz Linien. Eine Sicht der Dinge, die Monika Groser von der Bundes-Gleichbehandlungsanwaltschaft in Wien bestätigt: "Wer Kopftuchträgerinnen im öffentlichen Dienst benachteiligt, verstößt gegen die Landes- und Bundes-Gleichbehandlungsgesetze".

Das weiß auch der Leiter des steirischen Verfassungs-und zentralen Rechtsdienstes, Alfred Temmel. Dennoch müsse "von Fall zu Fall" entschieden werden, meint er. Denn eine "ausdrückliche Regelung" gebe es bisher nicht.

Bisher keine Bewerbungen

Letzteres dürfte unter anderem mit dem Mangel an konkreter Erfahrung mit derartigen Jobsuchesituationen zusammenhängen. Ob in Salzburg oder in Innsbruck, in der Steiermark oder in Kärnten. Überall gilt, was auch bei den Linzer Linien zu erfahren war: "Bei uns hat sich noch keine muslimische Kopftuchträgerin für den Fahrdienst beworben". Wien steht mit seiner gläubigen jungen Muslima als Straßenbahnlenkerin derzeit allein auf weiter Flur.

Dies, so Groser, könnte sich jedoch bald ändern. Denn derzeit sei unter den gläubigen so wie unter den weniger gläubigen muslimischen Frauen die zweite und dritte Einwanderergeneration auf Jobsuche: "Und während deren Mütter und Großmütter noch überwiegend ohne Beruf zu Hause waren, suchen die jüngeren ihren Weg in die finanzielle Unabhängigkeit".

Dies geschehe oft ohne, oft aber auch mit der religiös begründeten Haarumhüllung. Weshalb Groser "Hürden für kopftuchtragende Frauen am Arbeitsmarkt als kontraproduktiv" einschätzt; gerade wenn man, wie es die Bundesgleichbehandlungsstelle tue, aus einer frauenpolitischen Tradition heraus spreche.

Denn Hürden gebe es viele. "In der Privatwirtschaft vor allem, wo Kopftuchträgerinnnen auch in manchen Callcenter als Mitarbeiterin abgelehnt werden". Und auch einzelne Politiker sind skeptisch: In Kärnten etwa warnt Verkehrsreferent Gerhard Dörfler (BZÖ) vor einer neuen Kopftuch-Diskussion. "Ich weiß nicht, ob die Bevölkerung dafür Verständnis aufbringt."  (bri, ker, mue, neu, stein, ver/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.9.2008)