Bei der ORF-Diskussion am 16.9. 08 trat FPÖ-Chef Strache für die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes ein, mit dem Argument "Eine Demokratie muss schwachsinnige und verrückte Meinungen aushalten" . Ein Satz, der viel Zustimmung finden dürfte. Doch Strache geht es nicht um Meinungsfreiheit, sondern darum, "schwachsinnige und verrückte Meinungen" , die aus seinem Lager kommen, salonfähig zu machen.

In der letzten Ausgabe der vom "freiheitlichen Akademikerverband" herausgegebenen Grazer Monatszeitschrift Aula findet man derartige Meinungen zuhauf: Johann F. Balvany behauptet etwa, Ungarn sei "Israels europäischer Brückenkopf" : Ursprünglich nach Israel ausgewanderte und geflohene Juden "sickerten nach der Budapester Regimewende 1990 sehr zahlreich zurück und fassten schnell in Politik, Wirtschaft und Kultur Fuß" . Alles in allem trete Israel "allmählich in die Fußstapfen der sowjetischen Besatzungsmacht" , komme es zu einer "Israelisierung Ungarns" (S. 25). Aber auch in der Türkei sieht die Aula überall "Juden" , sogar Staatsgründer Atatürk habe versucht, seine angeblichen "jüdischen Wurzeln zu verbergen" (S. 29). Die "Juden" haben in der Aula nun nicht mehr nur den Untergang des Zarenreiches zu verantworten, sondern auch den des Kalifats. Bis heute seien in der Türkei "viele Generäle [...] jüdischer Herkunft, ebenso Inhaber von Schlüsselstellen in Medien und Wirtschaft" . (S. 30) Am Krieg in Georgien sollen auch "die Juden" schuld sein, was mit der Anbringung von drei Davidsternen in einer in der Aula publizierten Grafik klar zum Ausdruck kommt.

Eine Demokratie muss tatsächlich viel aushalten. Aber die Verharmlosung des Nationalsozialismus und antisemitische Verhetzung dürfen in einem Staat, der nur wiedererrichtet werden konnte, weil die NS-Barbarei von den Alliierten besiegt wurde, nicht toleriert werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.9.2008)