Wien - Österreichische Medientage, keine 100 Stunden vor einer Nationalratswahl: Mit Wahlversprechen war zu rechnen. Doch Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) überraschte auch: Er dachte vier Tage vor der Wahl laut darüber nach, auch für "neue Übertragungswege" von Bewegtbild und Ton dezidiert Rundfunkgebühren zu verlangen. Das würde die - immer wieder heftig diskutierte - Gebührenpflicht für Breitband-Onlinezugang oder Internet generell bedeuten.

Gebühren sind zwar schon jetzt nicht an Fernseh- oder Radiogeräte gebunden. Die ORF-Gebührentochter GIS sieht schon jetzt Internetzugang als gebührenpflichtig, jedenfalls breitbandigen, und für Radio. Und nur, wenn in dem Haushalt sonst kein Fernseher oder Radiogerät betriebsbereit ist. Molterers - etwas unpräzise - Formulierung überrascht auch anderweitig: Vor wenigen Wochen drohte ein Sprecher des Finanzministeriums mit Verbot per Weisung an die GIS, sollte sie für Internetzugang Gebühren verlangen.

Medienministerin Heidrun Silhavy indes berichtete von einem fertigen Entwurf im Kanzleramt, der das Gegenteil von Molterers Überlegungen festlegen soll: "Es kann nicht sein, dass wir auf der einen Seite Breitbandanschlüsse fördern und sie andererseits wie Rundfunkempfangsgeräte mit Gebühren belegen."

Behörde verteilt Gebühren

Ähnlich harmonisch das Bild zur Medienbehörde. Silhavy lässt das Thema aus, die SP will den ORF ja so wenig kontrolliert sehen wie nach Vorstellungen der EU-Wettbewerbsbehörde irgend möglich. Molterer sagt indes, eine neue Medienbehörde solle künftig die Höhe der Rundfunkgebühren entscheiden und ihre Verteilung an den ORF und - über eine neue Medienförderung - an Privatsender regeln.

Förderung Privater befürwortet auch Silhavy, geschafft hat sie ihre Koalition nicht. Die SP-Ministerin will zudem Presseförderung für Onlinedienste und mehr Subvention für Magazine.
Molterer schwingt nicht nur die Peitsche Richtung Küniglberg: Er zeigt Verständnis für die ORF-Forderung, Länder sollten nicht länger mit Anteilen an den TV-Gebühren "Kulturgroschen" finanzieren.

Weiteres Geld könnten die Gemeinden verlieren, geht es nach Molterer: Ihre Werbesteuer nennt er einen "Anachronismus". Das gefällt der Medienbranche natürlich, die seit Jahrzehnten ihre Abschaffung fordert. Da war Molterer einig mit Silhavy. Aber auch diese Harmonie trug in der bisherigen Koalition von SPÖ und ÖVP nichts zur Beendigung der Abgabe bei.
Wie sagte Horst Pirker, Präsident des Zeitungsverbandes: "Die Medienpolitik in Österreich zu halten ist eine gefährliche Drohung." Er ist gegen Gebührenalmosen für Privatsender, wenn sie über einen übergroßen ORF hinwegtrösten sollen. Er findet: "Öffentlich-rechtliches Radio und Fernsehen sind nicht gottgegeben." Was zumindest die Gebührenfrage lösen würde. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 25.9.2008)