Der Antrag auf Abschaffung der Studiengebühren und Aufhebung jeglicher Möglichkeit von Zulassungsbeschränkungen, den SPÖ, Grüne und FPÖ heute im Nationalrat einbringen wollen, ist insbesondere für die westösterreichischen Unis ein gefährlicher Mix und könnte deren unübersehbare Fortschritte in den letzten Jahren hinfällig machen. Mein Salzburger Kollege Heinrich Schmidinger und ich haben uns daher brieflich an die Abgeordneten unserer Länder mit dem Appell gewandt, den Antrag nochmals zu überdenken. Gerade bei einer Maßnahme mit so weitreichenden Folgen sollte es im Vorfeld einen Dialog mit den Betroffenen geben, in dem die Vor- und Nachteile der geplanten Änderungen in Ruhe abgewogen werden. Die Hitze des Wahlkampffiebers ist einem solchen Prozess nicht dienlich.

Es geht also um den "freien Hochschulzugang", dem Studiengebühren und Zulassungshürden entgegenstünden. Ob und wenn ja, in welchem Ausmaß Studiengebühren Studierwillige vom Studium abhalten, ist durchaus fraglich. Wenn sie es tun, könnte man dem mit einem treffsicheren Beihilfensystem durchaus zielgerichtet entgegenwirken, und zwar mit einem weitaus geringeren Aufwand, als er jetzt geplant ist. Den Universitäten wurde ja zugesagt, nicht nur den Ausfall der Studiengebühren zu ersetzen, sondern auch die Mittel für den unausweichlich nötigen Kapazitätsausbau zu geben. Dass ein solcher Ausbau seine Zeit braucht (Berufungen, Hörsäle, Labors etc.), wird niemand bestreiten. Zumindest eine Generation von Studierenden wird ihn also nicht erleben und massiv unter dem Massenansturm leiden. Und dieser ist garantiert: Unsere Universitäten werden doppelt billig: Sie verlangen keine Gebühren und keinen Notendurchschnitt in Massenfächern. So werden sie zum Auffangbecken für Studierende vor allem aus Deutschland, wo zum Beispiel im Süden Studiengebühren von 500 Euro pro Semester verlangt werden und in Massenfächern ein strenger Numerus clausus herrscht. Nicht genug damit, dass jetzt schon bildungsfernere Schichten den Uni-Betrieb mit ihrem Steuergeld querfinanzieren, werden sie das künftig verstärkt auch für Studierende aus allen EU-Ländern tun. - Und was wäre mit den zusätzlich nötigen hunderten Millionen Euro Steuergeld gewonnen? Nichts, denn die Universitäten stünden bestenfalls wieder da, wo sie jetzt stehen. Und der Konjunktiv ist sehr am Platz, weil dieser versprochene Geldfluss höchst zweifelhaft bleibt. Jedenfalls müsste er erneut erkämpft werden, und der nötige Ausbau des jetzigen Status quo rückte in weite Ferne.

Wenn man wirklich etwas für die verstärkte Frequenz unserer Jugend an den Universitäten tun will, muss man dafür im Kindergarten, spätestens aber in der Oberstufe der Elementarschule anfangen. Dort werden die Hürden gegen höhere Bildung errichtet, nicht aber durch Studiengebühren. (Karlheinz Töchterle/DER STANDARD-Printsausgabe, 24. September 2008)