Ein guter Diplomat muss warten können. Also steht Bundespräsident Heinz Fischer auf dem dicken grünen Teppich in einem der Gänge im UN-Hauptquartier und wartet. Diplomaten eilen vorbei, an einem provisorisch aufgestellten Schreibtisch sitzt eine gelangweilte junge Frau vor einem Telefon und einem großen Schild: "Bilateral meetings" - bilaterale Treffen.

Ob Österreich einen nichtständigen Sitz im Sicherheitsrat erringt, entscheidet sich womöglich hinter hässlichen grauen Trennwänden. Eine nach der anderen zusammengestellt, ergeben sie in den Gängen des UN-Hauptquartiers dutzende kleine Zellen, nicht viel größer als drei mal drei Meter. Ein Teppich und die weinroten Ledersessel sollen für ein bisschen Atmosphäre sorgen. In den Kabinen werden auf höchster Ebene Informationen ausgetauscht, Kontakte gepflegt, Staatsbesuche festgelegt. Dutzende Hostessen schleusen die Delegationen von einem Treffpunkt zum nächsten.

Hinten an der Sicherheitsschleuse erscheint eine Menschentraube, Präsident Fischer läuft strahlend auf den großen blonden Mann in der Mitte zu. "Das ist der Falsche!", ruft ein Diplomat erstaunt. Da hat Serbiens Präsident Boris Tadić seinen Wiener Kollegen schon erreicht. Ein herzlicher Händedruck, man verabredet ein Treffen, Tadić eilt weiter.

Händeschüttelarbeit

Bei den Aufzügen erscheint endlich der slowenische Präsident Danilo Türk, der sich erst noch - eine Hand nach der anderen schüttelnd - durch die Delegation von Montenegro arbeiten muss, die ihm entgegenkommt, bevor er mit Fischer in einer Kabine verschwindet. Viel Zeit bleibt nicht. Fischer wird noch an einer Arbeitsgruppe am Rande des Afrika-Gipfels teilnehmen und nach dem Statement des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadi-Nejad, der in derselben Runde sitzt, die österreichische Afrika-Politik unterstreichen. Afrika ist wichtig, der Kontinent hat 53 Stimmen in der UNO-Vollversammlung. Hier gibt es noch Unentschlossene, sagen Diplomaten.

Nur wenige Neinsager

Die Zahl der Länder, die bei der Entscheidung um die zwei zu vergebenden Sitze im UN-Sicherheitsrat am 17. Oktober sicher gegen Wien stimmen werden, ist gering. Aber Island und die Türkei, Österreichs Konkurrenten, betreiben in den letzten Wochen eine aggressive Kampagne. Österreich will nicht an Boden verlieren. Ab Mittwoch sind auch Kanzler Alfred Gusenbauer und Außenministerin Ursula Plassnik in New York.

In Österreich ist es schon mitten in der Nacht, als Fischer in der Wiener UN-Vertretung den Tag Revue passieren lässt. Somalias Außenminister hat er getroffen, Finnlands Präsidentin Tarja Halonen, auch den irakischen Präsidenten Jalal Talabani. Eine Begegnung mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül sei "sehr kameradschaftlich" verlaufen. Am Vorabend hat er afrikanische Spitzenpolitiker zu einem Bankett geladen, viele Termine stehen noch an.

Ob Österreich dem Sicherheitsratssitz durch seine Bemühungen denn nun nähergekommen sei? Fischer antwortet so: "Es hat Fälle gegeben, bei denen wir uns bisher nicht sicher sein konnten - und bei denen wir jetzt mehr Gründe haben, anzunehmen, dass wir diese Stimme bekommen." (Julia Raabe aus New York/DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2008)