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Mit weißen Friedhofskerzen bekunden Freunde und Bekannte der zehn Ermordeten von Kauhajoki vor der Berufsschule ihre Trauer

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Der 22-jährige finnische Berufsschüler veröffentlichte auf der Internetplattform YouTube einen Film, in dem er mit seiner Pistole posierte. Die Polizei stufte den späteren Amokläufer als ungefährlich ein.

 

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APA/ M. Hirsch

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Die finnische Schule, in der das Massaker stattfand.

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Das Gebäude, in dem sich zur Tatzeit 200 Menschen befanden, wurde evakuiert.

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Kauhajoki - Der 22-jährige Matti Saari, der am Dienstag in der Berufsschule im finnischen Kauhajoki zehn Menschen erschoss, hatte die Tat sechs Jahre geplant. Dies geht aus seinem Abschiedsbrief hervor. "Ich hasse die menschliche Rasse", heißt es da. "Schusswaffen sind der einzige Ausweg."

Saari hatte in den Tagen davor Videos, auf denen er mit einer Pistole um sich schießt, ins Internetportal YouTube gestellt (siehe Wissen). Dass Polizisten ihn deshalb verhört, ihm aber nicht die Waffenlizenz entzogen haben, hat zu Kritik an der Exekutive geführt.

Pistole problemlos bekommen

Der Erwerb einer Lizenz für die Mordwaffe, eine Walther P22, war für den jungen Mann ebenso einfach wie für jenen 18-Jährigen, der im November 2007 ebenfalls an einer finnischen Schule ein Blutbad angerichtet hat. Nun will die Regierung schnellstmöglich die liberalen Waffengesetze ändern. Das kündigte Ministerpräsident Matti Vanhanen am Mittwoch an.

Opfer überwiegend weiblich

 Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, starben mehrere Menschen auch an Gasvergiftung durch das Feuer. Die Identifizierung der Opfer wird aufgrund der starken Verbrennungen in einigen Fällen mehrere Tage dauern. Es handelt sich insgesamt um acht weibliche und einen männlichen Schüler sowie eine in der Schule angestellte männliche Person. Ob es sich um einen Lehrer handelt,gab die Polizei nicht bekannt .

Neun Opfer seien alle in einer Klasse umgekommen, in der gerade ein Test geschrieben wurde. Nach den Schüssen setzte der 22-jährige Täter, die Schulklasse in Brand. Der Amokschütze schoss sich nach dem Massaker selbst in den Kopf. Er erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

 

Zum Zeichen der Trauer waren am Mittwoch alle öffentlichen Gebäude in Finnland auf
Halbmast beflaggt.

Pistolenschütze

Der Berufsschüler interessierte sich für Waffen und Horrorfilme. In seinem Online-Profil nannte sich der 22-Jährige "Wumpscut86" und stellte sich als "Mr. Saari" vor. Sein Profil wurde inzwischen gesperrt.

Es ist ein kurzhaariger junger Mann zu sehen, der im Freien mehrere Schüsse abgibt. Nach Angaben von Internetnutzern hatte er auf seiner Seite als Hobbys "Computer, Waffen, Sex und Bier" angegeben. Außerdem interessierte er sich den Angaben zufolge für Heavy-Metal-Musik von Bands wie Rammstein und Metallica sowie Horrorfilme wie "Shining" des Regisseurs Stanley Kubrick.

Internethinweis von Blogger

Ein finnischer Blogger verbreitete einen Internethinweis, auf dem mehrere Bilder des mutmaßlichen Amokläufers zu finden waren. Auf den Fotos zielte er etwa mit einer Pistole direkt auf den Betrachter. Eine Collage zeigt den jungen Mann von hinten vor blutrotem Hintergrund, daneben steht "Wumpscut on his way to hell" (Wumpscut auf seinem Weg zur Hölle). Auch ein Video mit dem Titel "You will die next" (Du stirbst als nächstes) war darunter.

Nur wenige Stunden vor dem Amoklauf hatte sich der 22-Jährige noch einmal bei YouTube angemeldet. Auf seiner Profilseite fand sich auch ein Lied der Gruppe: Wumpscut: - ein Projekt des deutschen Künstlers Rudy Ratzinger - mit dem Titel "War" (Krieg), in dem es heißt: "... und plötzlich war Krieg, unsere Kinder tot..." Es soll sich jedoch um ein Anti-Kriegs-Lied handeln. Noch bevor die Seite gesperrt wurde, hatten bereits etliche Internet-Nutzer dort einen Kommentar hinterlassen. Nutzer yrttisilppuri klagte an: "Menschen töten, um Bekanntheit zu erlangen? (...) Wenn es sein eigener Krieg ist, warum tötet er dann nicht sich selbst?"

Kritik an Polizei

Die Polizei sei aber auch zu langsam bei der Schule gewesen, kritisierte ein Angestellter der Schule. Er hatte beobachtet, wie der 22-Jährige das Schulgebäude mit einer großen Tasche kurz vor elf Uhr betrat und kurz darauf Schüsse gehört. Er habe sofort die Notrufstelle alarmiert. Die Polizei sei aber unnötig spät gekommen. Der Krankenwagen und die Feuerwehr seien vorher eingetroffen, erklärte der Angestellte gegenüber dem staatlichen Fernsehen YLE.

Regierung fordert striktere Kontrollen im Internet

Ministerpräsident Matti Vanhanen überlegt ein generelles Handwaffenverbot für Privatpersonen einzuführenz. Altersgrenzen oder Befragungen beim Waffenkauf reichten nicht aus, sagte Vanhanen dem Sender MTV3 am Dienstag. "Nach zwei derartig tragischen Vorfällen müssen wir darüber reden, ob Privatpersonen überhaupt Handwaffen haben dürfen."

Vanhanen forderte ebenso wie Präsidentin Tarja Halonen striktere Kontrollen des Internets. Halonen sagte dem Sender YLE, das Internet und Foren wie YouTube seien "kein anderer Planet". "Sie sind Teil unserer Welt und wir Erwachsenen haben die Verantwortung, zu überprüfen, was dort vor sich geht und für Grenzen und Sicherheit zu sorgen." (Anne Rentzsch, APA/Reuters DER STANDARD Printausgabe 25.9.2008)