Wien - Bei der vor dem Verkauf stehenden heimischen Luftlinie AUA droht wieder ein Arbeitskonflikt: Der Streit um die Kollektivvertragsverhandlungen für die rund 3.500 kaufmännischen und technischen AUA-Beschäftigten - das Bodenpersonal - spitzt sich zu. Nach den geplatzten KV-Verhandlungen findet am Mittwoch  vor dem AUA-Bürogebäude eine Betriebsversammlung statt, bei der über die weitere Vorgangsweise entschieden wird. Beschlossen werden können "Aktivitäten, die von Dienst nach Vorschrift bis zu gewerkschaftlichen Maßnahmen reichen", so der Verhandler in der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-DJP), Karl Proyer.

Er habe das Gefühl, dass AUA-Vorstand Alfred Ötsch das Geschäft für einen zukünftigen Eigentümer erledigen will, so Proyer. "Wenn das Vorboten der Lufthansa sind, ist die Stimmung der Belegschaft gegen die Lufthansa erklärbar."

In Aktionärskreisen der angeschlagenen AUA wurde die neue Entwicklung am Dienstag kritisch bewertet: "Einfacher macht das den Verkauf nicht", hieß es.

Empörung

Die Gewerkschaft ist empört: Nach mehreren intensiven Verhandlungsrunden habe der AUA-Vorstand gestern am späten Abend eine in Reichweite liegende Einigung bei den KV-Verhandlungen für die kaufmännischen und technischen Angestellten (Boden) der AUA platzen lassen, so die GPA-DJP am Dienstag. Der AUA-Vorstand beharre weiterhin auf einem "Verschlechterungspaket" für die technischen Angestellten im Tausch gegen einen vernünftigen KV-Abschluss. Besonders störe den AUA-Vorstand offenbar, "die besondere Qualität der Mitwirkung der Angestellten im Technikbereich bei der Gestaltung ihrer Schichtpläne".

"Wir werden nicht zulassen, dass AUA-Angestellte untereinander ausgespielt werden und zugesagte Gehaltserhöhungen mit unfairen Verschlechterungsplänen verkauft werden sollen. Für einen derartigen unseriösen Deal stehen wir nicht zur Verfügung, die Vorgangsweise des Vorstandes ist einfach skandalös ", so der AUA Boden-Betiebsratsvorsitzende Alfred Junghans in einer Aussendung.

Heiße Phase

Es sei unfassbar, dass das AUA-Management in der derzeitigen Phase des Privatisierungsprozesses einen derartigen Konflikt vom Zaun breche und sich offen gegen die eigene Belegschaft wende, so die GPA-DJP - der ÖIAG-Vorstand solle sich dringend von dieser unseriösen Vorgangsweise des AUA-Vorstandes distanzieren.

"Wir fordern den AUA Vorstand auf von einer Junktimierung des KV-Abschlusses mit Verschlechterungen im Technik Bereich Abstand zu nehmen und die KV-Verhandlungen in den nächsten Stunden vernünftig zu finalisieren, wir sind dazu jederzeit bereit und auch jederzeit erreichbar", so Proyer.

Vier Prozent verlangt

Nachdem sich die Tarifpartner bei der AUA vom ursprünglichen Plan, die KV-Runde bei der Airline bis weit in den Oktober hinein ruhen zu lassen, Mitte voriger Woche verabschiedet und auch gestern, Montag, Abend wieder verhandelt haben, ist ein offener Konflikt ausgebrochen. Der Gewerkschaft ist eine vom Vorstand angebotene Gehaltserhöhung für das Bodenpersonal von 3,7 Prozent ab 1. November zu wenig. Sie verlangt über 4 Prozent und will zudem Eingriffe ins Arbeitsrecht abwehren. Eine Protest-Betriebsversammlung am Mittwoch Vormittag soll indes noch keine Beeinträchtigungen des Flugbetriebs nach sich ziehen. "Das fliegende Personal ist ja nicht betroffen", verlautete am Dienstag aus der AUA.

Eine Sprecherin der AUA beziffert das auf dem Tisch liegende Vorstands-Angebot von 3,7 Prozent samt Zulagenänderungen auf 6,4 Mio. Euro. Das wäre laut Management eine reale Lohnerhöhung und im gegebenen Umfeld - die heimische Fluggesellschaft erwartet heuer 70 bis 90 Mio. Euro Verlust - "wirtschaftlich noch tragbar".

Noch nicht gecancelt ist ein weiterer Verhandlungstermin Mitte Oktober. Während der Arbeitgeberseite über die absolute Tariferhöhung noch weitere Gesprächsbereitschaft zugeschrieben wird, soll zu den sonstigen Bedingungen (Stichwort Schichtarbeitszeiten) Eiszeit herrschen.

Optimaler Schichtdienst

Das AUA-Management wollte so genannte "Optimierungen beim Schichtdienst" zumindest als rasch abzuschließendes Ziel protokolliert haben, die Gewerkschaft spricht da bisher nur von "Verschlechterungen" für die technischen Angestellten, ortet in Harmonisierungsplänen Einbußen für die Belegschaft und wehrt sich insgesamt dagegen, die Tarifrunde mit einem später auszuhandelnden arbeitsrechtlichen Paket zu junktimieren.

Beim "Technikpaket" dürfte es sich aber noch länger spießen: Die AUA-Führung argumentiert, dass die bisherigen Schichtdienstregeln etwa für die Werft-Mitarbeiter zu starr seien und auf längst überholten Flotten- und Saisonprogrammen basierten. "Die Techniker sollen dann in der Werft sein, wenn Flugzeuge da sind", hieß es im Umfeld des Vorstands am Dienstag zur APA, "und nicht dann, wenn nichts zu tun ist." Auch müsse es genügen, wenn der Betriebsrat sich mit der Airlineführung über eine Schichtdienstgestaltung einigt und nicht extra von den Belegschaften abgestimmt werde.

Dem Gewerkschaftsvorwurf, der Vorstand habe die KV-Runde gestern Abend in unmittelbarer Reichweite einer Einigung platzen lassen, hielt die AUA-Sprecherin heute den Vorwurf entgegen, die Gewerkschaft breche einen Konflikt vom Zaun, wenn im Vorfeld der morgigen Betriebsversammlung mögliche gewerkschaftliche Maßnahmen oder Dienst nach Vorschrift in den Raum gestellt würden.

In Kreisen der AUA-Eigentümerschaft hegt man unterdessen Hoffnungen, dass der neue Arbeitskonflikt bei der angeschlagenen österreichischen Airline wenige Wochen vor dem erhofften Verkauf an einen starken ausländischen Airlinepartner nicht eskaliert. "Wir brauchen nur einen Blick nach Italien machen, um zu sehen was passieren kann."(APA)