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Günther Beckstein, Ministerpräsident

Foto: Reuters/Hanschke
Graphik: STANDARD

STANDARD: Bei der Landtagswahl 2003 fuhr Ihr Vorgänger Edmund Stoiber noch satte 60 Prozent ein. Ist dieses große Erbe für Sie zu einer Bürde geworden?

Beckstein: Ein solches Ergebnis ist sicher nicht wiederholbar. Damals war die rot-grüne Koalition in Berlin auf dem Tiefpunkt, und selbst überzeugte Sozialdemokraten gingen nicht mehr zur Wahl. Der Gegenwind, der Rot-Grün damals wie ein Orkan entgegenblies, ist zu diesem Zeitpunkt natürlich zum Rückenwind für uns geworden.

STANDARD: Warum ist die CSU in den Umfragen so gesunken, dass Sie um die Absolute zittern müssen?

Beckstein: Auch bei früheren Wahlen bedurfte es enormen Einsatzes, die absolute Mehrheit zu verteidigen. Es ist nicht leichter, wenn man an einer großen Koalition beteiligt ist. Dort werden Kompromisse gemacht, die nicht allen Wählern gefallen. Außerdem sieht so mancher Wähler die große Koalition als nicht optimal an, zumal die SPD in den vergangenen Wochen ein schlimmes Bild der Zerrissenheit abgab. Das führte zu einer Blockade, weil man gar nicht wusste, mit wem man bei der SPD reden soll.

STANDARD: Jetzt hat sich die SPD-Spitze ja neu formiert. Bedauern Sie es, dass Ihnen Kurt Beck mit seinem Linksdrall mitten im Wahlkampf als Gegner abhanden kam?

Beckstein: Das ändert doch nichts. Anstelle von Beck sind zwei neue Gesichter da. Aber das Grundproblem wird unter Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier auch nicht gelöst. Die SPD hat einen Richtungsstreit, und sie hat ihr Verhältnis zur Linkspartei nicht geklärt. Die neue Führung spricht sich ja auch nicht klar gegen den Kurs von Frau Ypsilanti in Hessen aus. Das durchschaut der Wähler.

STANDARD: Die CSU hingegen führt laut Parteichef Erwin Huber einen Kreuzzug gegen die Linken. Macht man sie dadurch nicht erst recht interessant und zu Märtyrern?

Beckstein: Es war richtig, die Auseinandersetzung mit den Linken zu suchen. Zum ersten Mal seit vielen Monaten gehen die Umfragewerte der Linken zurück. Das ist auch notwendig, weil die Linke Geschichtsklitterung betreibt. Sie erweckt den Eindruck, als sei die DDR ein moderner, sozialer Rechtsstaat gewesen. Und als hätte es Mauer, Schießbefehl, Stacheldraht, Staatssicherheit und wirtschaftliches Scheitern nicht gegeben. Wir mussten das thematisieren, und jetzt ist es auch unwahrscheinlich, dass die Linke in den bayerischen Landtag kommt.

STANDARD: Sie kämpfen auch vehement für die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale, aber Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt Sie im Regen stehen. Haben Sie sich da vergaloppiert?

Beckstein: Wir wissen seit vielen Monaten, dass sich Frau Merkel da anders festgelegt hat. Jetzt müssen wir alle auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses die Regelung, die ersten zwanzig Kilometer zum Arbeitsplatz steuerlich überhaupt nicht mehr zu begünstigen, für verfassungswidrig erklärt. Wichtiger ist aber, dass sich die CDU bei unserem Anliegen "Mehr Netto für alle" sehr auf uns zubewegt hat. Es sind zuerst Entlastungen bei der Arbeitslosenversicherung und beim Kinderfreibetrag vorgesehen. Außerdem wird die Forderung nach weiteren Entlastungen Grundlage für den gemeinsamen Bundestagswahlkampf.

STANDARD: Liegen die schlechten Umfragewerte auch daran, dass die CSU zu siegesgewohnt ist und dadurch selbstherrlich wurde?

Beckstein: Arroganz haben wir nicht nötig, wir sind stark. Und wir setzen diese Stärke ein, um Bayern nach vorne zu bringen. Der Erfolg für das Land gibt uns recht.

STANDARD: Was bedeutet es für die große Koalition, wenn die CSU am 28. September stark verliert?

Beckstein: Unser Ziel heißt 50 plus X. Eine starke, regierungsfähige Mehrheit ist wichtig für Bayerns Vorsprung und stärkt auch die Union im Bund.

STANDARD: Wo liegt Ihre persönliche Messlatte für den Wahlsonntag?

Beckstein: Wir werden die 50 plus X kriegen. Es gibt keinen Plan B, und den brauchen wir auch nicht. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2008)