Vor der bevorstehenden Wahlkampfschlacht mit der Opposition hat sich Japans Liberaldemokratische Partei (LDP) überraschend deutlich hinter Taro Aso als neuen Parteichef und damit neuen Ministerpräsidenten versammelt. Die Parteitagsdelegierten stimmten zu 67 Prozent für den bisherigen Generalsekretär als Nachfolger von Premier Yasuo Fukuda, der vor drei Wochen wegen seiner fallenden Popularität seinen Rücktritt angekündigt hatte.

Aso geht gestärkt in die vorgezogenen Neuwahlen des Unterhauses. Als eine seiner ersten Amtshandlungen wird er dem Volk die Vertrauensfrage stellen. Es gilt als sicher, dass er für Ende Oktober bis Mitte November Neuwahlen des Unterhauses ausrufen wird. Der Einsatz ist hoch. Denn die Opposition hat voriges Jahr der LDP, die seit 1955 bis auf zehn Monate ununterbrochen regierte, bereits die Mehrheit in der oberen Kammer des Parlaments abgerungen.

Die Strategie der LDP ist daher, sich in Zeiten der Wirtschaftskrise als verantwortungsvolle Führungskraft und die oppositionellen Demokraten, die einen massiven Ausbau des sozialen Netzes versprechen, als Abenteurer darzustellen. Der sonst nie um einen Witz verlegene Aso gab sich deshalb auf dem Parteitag tatkräftig und seriös. Nach der Verkündung des Ergebnisses verzog er keine Miene, sondern verneigte sich ernsthaft von seinem Sitzplatz in alle vier Himmelsrichtungen. In seiner Rede versprach er, "auf die Sorgen des Volk zu hören". (Martin Koelling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2008)