"Apple ist ein Software-Unternehmen", pochte Steve Jobs 2007 im Doppel-Interview mit Bill Gates. So sei beim farbenprächtigen Aluminium-Aufgebot zunächst einmal die Software in den Mittelpunkt gestellt – iTunes 8 bildet als Schnittstelle zum PC oder Mac und als Medienverwaltungsprogramm die Grundlage für die portable Unterhaltung.

Der nach eigenen Angaben meist genutzte Medienmanager integriert auch den meist besuchten Online-Store für digitale Musik: Der iTunes Store zähle inzwischen 65 Millionen Kunden und Kreditkarten-Accounts. 8,5 Millionen Musiktitel sind im Angebot. Neu ist seit Juli der Verkauf von Programmen für iPods und das iPhone. In den ersten 60 Tagen sollen 100.000.000 Downloads im AppStore getätigt worden seien.

iTunes 8 soll den wachsenden Medienbibliotheken Rechnung tragen und präsentiert sich mit designtechnischen Detailverbesserungen sowie einer intelligenten Abspielliste, Genius getauft. Neben der bekannten Cover-Flow-Ansicht, lassen sich Titel nun übersichtlich im "Grid View" nach Künstlern, Genres, Interpreten und Alben sortieren und betrachten. Das gleiche gilt auch für Filme, Podcasts und Hörbücher.

Sehschwachen Menschen soll die Implementierung von Bildschirmlesetechnologien entgegenkommen. Bei Mac OS X werden iTunes-Menüpunkte und Songinformationen von VoiceOver vorgelesen, bei Windows muss gegebenenfalls ein Dritthersteller-Programm aushelfen. Kein billiger Spaß, das von Apple empfohlene Window-Eyes etwa kostet bereits in der Minimalausstattung 299 US-Dollar. Die Funktion wurde, abgesehen vom Shuffle, auch in die neuen iPods eingebettet.

Mit der "Genius Playlist" hat sich Apple ein Beispiel an Sony genommen, dessen MP3-Player und Handys seit einiger Zeit schon stimmungsgerechte Playlists erstellen. Wenn gleich leicht abgeändert: Die Genius Playlist ermöglicht Anwendern zu ausgewählten Songs automatisch passende Abspiellisten einzurichten. Hört man ein Lied und klickt dann auf den Genius-Button, reiht iTunes nach Parametern wie Titel, Künstler und Genre weitere Songs hinzu. Im Test klappte das ganz gut, sofern die Bibliothek sauber katalogisiert wurde. Bei manchen Empfehlungen erschloss sich die Intention dahinter nicht. Finetuning über die Titelbewertung unterstützt das System. Die „Genius Sidebar“ dürfte von Googles Adsense-Programm inspiriert worden sein. Ist sie eingeblendet, listet sie aus dem Fundus des iTunes Stores, relevant für den gewählten Song Kaufempfehlungen auf.

Aktivierung

Der Haken bei der Genius-Playlist ist die verpflichtende Aktivierung durch einen gültigen iTunes-Account. Apple gibt zwar an die Daten vertraulich zu behandeln, ohne Registrierung beim Online-Shop ist das Feature aber in jedem Fall nicht nutzbar.

Beim Shuffle hat sich insgesamt am wenigsten getan. Der kleine Player kann noch immer nicht viel mehr als Lieder quer durch die Bank abzuspielen. Dafür kommt er nun in fünf Farben, wahlweise mit 1 Gigabyte oder 2 GB ausgestattet - zum Preis von 45 bzw. 65 Euro.

Der iPod Classic profitiert in erster Linie von der Software-Erweiterung durch die Genius Playlist, die genau wie bei iTunes 8 zur Anwendung kommt. Die Maße des ehemaligen 80 GB-Modells wurden beibehalten, nur das jetzt eine 120 GB große Festplatte im Gehäuse steckt. Apple verspricht bis zu 30.000 Songs bei einer typischen Konvertierung von 128 Kbit/s im AAC-Format.

Die Akkulaufzeit wird bei Musik mit bis zu 36 Stunden, bei Videowiedergabe mit bis zu 6 Stunden angegeben. Der Preis ist für beide Ausführungen, schwarz und silber, gleich und liegt bei 239 Euro.

Wirklich getan hat sich etwas beim iPod Nano, der sich auf seine Wurzeln rückbesinnt. Das Layout ist wieder länglich, das Display ist gleich groß geblieben, aber im Hochformat ausgerichtet. Die Hülle ist aus Aluminium und wie eine Ellipse geschwungen. Deutlich dünner als der Vorgänger und merklich leichter liegt er in der Hand. Der Bildschirm zeigt stärkere Kontraste und Videos werden automatisch im Breitbildformat angezeigt.

Für die Musik- und Fotowiedergabe hat sich Apple beim neuen Nano den Beschleunigungssensor des iPod-Touch zu Nutze gemacht. In die Cover-Flow-Ansicht wird nun automatisch gewechselt, sobald man das Gerät um 90 Grad dreht. Einen eigenen Menüpunkt für die „Jukebox-Darstellung“ gibt es nicht mehr. Bei Fotos kann durch Drehen zwischen Hoch- und Querformat gewechselt werden.

Bei den Abspielmodi kommt der Motionsensor ebenfalls zum Einsatz. Durch Schütteln des iPods kann die zufällige Wiedergabe (Shuffle) aktiviert werden. Immerhin bleibt einem so der umständliche Weg in die Einstellungen erspart. Ein kleiner Schalter hätte es natürlich auch getan. Von iTunes 8 mitgenommen hat man die Genius-Playlist, die ihren Dienst auch beim Nano wie beschrieben verrichtet. Neu ist die Möglichkeit im iTunes-Menü des iPods die Stimmwiedergabe zu aktivieren. Damit lassen sich dann genauso wie am PC oder Mac die Menüpunkte und Songinformationen auch am iPod vorlesen. Deutsche Wörter werden zwar etwas hölzern betont, aber es funktioniert. Gegebenenfalls kann das Sprach-Feedback im in den Player-Einstellungen abgestellt werden.

Nicht zuletzt verkauft Apple den Nano immer öfter als Spieleplattform. Vom Beschleunigungssensor profitiert etwa das Murmelspiel Maze, bei dem man eine Kugel per Neigen und Kippen des iPods durch Labyrinthe manövrieren muss. Zusätzliche Spiele wie Spore Origins sind über iTunes erhältlich. Die technische Qualität erinnert dabei sehr stark an typische Handygames.

Der neue Nano ist in allen Farben des Regenbogens erhältlich und wird hierzulande in zwei Speichergrößen mit 8 GB und 16 GB an. Die kleinere Variante kostet 149 Euro, die größere 199 Euro.

Zu guter Letzt wurde auch der iPod Touch runderneuert, der vor allem intern durch das iPhone schlagkräftiger Konkurrenz ausgesetzt ist. Das "iPhone, das alles kann außer telefonieren" ist edler geworden und glänzt mit einem verchromten Edelstahlgehäuse. Ein integrierter Monolautsprecher lässt es "krochn" und erspart beim schnellen Reinhören die Kopfhörer. Die Batterielaufzeit wurde erhöht, ab sofort hört man bis zu 36 Stunden Musik und sieht bis zu 6 Stunden lang Filme an.

Apple positioniert den iPod Touch stärker denn je als portable Spielkonsole. Offenbar dürften die zahlreichen Spieledownloads aus dem AppStore inspiriert haben. Der eingebaute Lautsprecher kommt dem entgegen, im Test zeigte sich allerdings wie beim iPhone, dass das Gerät beim Bedienungskomfort nicht ganz mit Spezialisten wie der PlayStation Portable oder dem Nintendo DS mithalten kann.

Während bei bestimmten Spielen wie beim im gezeigten "Guitar-Hero"-Klon der Touchscreen und der Beschleunigungssensor perfekt genutzt werden, fehlt etwa bei Fussballspielen das Steuerkreuz merklich. Das virtuelle Steuerkreuz auf dem Screen schränkt das Sichtfeld ein und gibt nicht das nötige Feedback wieder. Zudem verschmiert man das Display dadurch in kürzester Zeit.

Apropos Bedienung: Für die Anbringung eines Lautstärkereglers an der Seite des Touchs ist Apples Umdenken zu gratulieren, vielen wird die bisherige Softwarelösung ein Dorn im Auge gewesen sein. Eine Funktion, die der Touch und der Nano vereinen, ist die "Nike + iPod"-Unterstützung. Für passionierte Läufer reicht damit ein Sensor im Schuh, der Empfänger ist nun im Player integriert. Die Aufzeichnung der Laufdaten geschieht ansonsten wie bisher. Das Nike + iPod-Sport Kit ist wie gehabt optional für 19 Euro erhältlich.

Der iPod Touch ist in drei Ausführungen mit 8 GB, 16 GB oder 32 GB erhältlich. Die Preissprünge sind mit 229, 289 und 389 Euro markant.

Formatknappheit

In Summe überzeugt Apples Weihnachtsaufgebot. Vor allem dürfte der iPod Nano dank der hohen Verarbeitungsqualität und den kleinen aber nützlichen Software-Updates für einen reißenden Absatz sorgen. Allen drei Video-Pods gemein ist leider immer noch die mangelhafte Formatunterstützung bei Videodateien. Divx- oder WMV-Inhalte werden wie gewohnt nicht unterstützt. Auch fehlt im Vergleich zur Feature-reichen Konkurrenz bis dato ein integrierter Radio-Tuner. Dennoch, die Hoffnung stirbt zuletzt, irgendwann hat Apple schließlich auch die zweite Maustaste für sich entdeckt. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 21.9.2008)