Mit "W24" Fernsehtouristen in der eigenen Stadt.

Foto: W24

Wer schon erlebt hat, wie ein Straßenbahnlenker an einer Station vorbeirast und sodann jenen um ihre Chance geprellten Aussteigewilligen uneinsichtig erklärt, da sei gar keine Station gewesen - der entwickelt schon die Sehnsucht nach gelassenen Angestellten des öffentlichen Verkehrs.

Natürlich kommen solche in der realen Welt zahlreich vor. Die Zerstreuten, die sadistisch Bremsenden, die Kurven verwegen Nehmenden, sie sind nur die Ausnahme.

Dennoch, sicher fühlen wir uns nur vor dem TV-Gerät. Dank "W24" und dessen Nachtprogramm fahren wir in Wien herum, ebenmäßig gleitet die Bim mit sorgfältig gewähltem Tempo durch die urbane Vielfalt, und es breitet sich eine ungeheuere Ruhe aus, wie es sie seit Erfindung des Testbildes nicht mehr gegeben hat. Und: Es sind tatsächlich wirkliche Fahrer, geistesgegenwärtige Zeitgenossen, die ihren Dienst unter Kameraaufsicht verrichten. Mehr solche Kameras wären ob des disziplinierend-beruhigenden Effektes wahrscheinlich ein Beitrag zur Sicherheit aller.

Es kann natürlich nicht verhehlt werden, dass der Reiz dieser Stadtrundfahrt nicht ewig anhält. Das Talent, zum Fernsehtouristen in der eigenen Stadt zu werden, hat nicht jeder. Da es unwahrscheinlich ist, dass es zu einer Ausweitung des Ganzen auf andere Städte dieser Welt kommt, wäre es doch zumindest schön, an spannenden Plätzen der Stadt Kameras anzubringen. Der Gastro-Bereich des Parlaments wäre toll. (toš/DER STANDARD, Printausgabe, 19.9.2008)