SPÖ-Chef Werner Faymann begrüßt alte und neue Freunde und wurde von den Gewerkschaftern mit stehenden Ovationen begrüßt.

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Graz - "Wir sind das Herzstück der SPÖ, ohne uns ist die SPÖ nur halb so stark. Ohne Gewerkschaft geht überhaupt nichts", klopfte sich der steirische ÖGB-Vorsitzende Horst Schachner selbstbewusst auf die Brust. Das habe die SPÖ wieder erkannt, und mit Werner Faymann an der Parteispitze habe sich das Verhältnis zur SPÖ "gewaltig verändert", sagte Schachner am Mittwoch im Gespräch mit dem Standard. Schachner: "Jetzt werden die SPÖ-Gewerkschafter wieder laufen." Da seien "einige Prozentpunkte drinnen".
Dass die ÖVP in diesem Wahlkampf tatsächlich wieder mit einer aufmunitionierten SP-Gewerkschaft rechnen muss, demonstrierten Schachner und rund 1000 weitere SP-Arbeitnehmervertreter, die am Mittwoch in Graz Werner Faymann in einer Art "Familienzusammenführung" als "ihren Mann" feierten.
SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves beschwor gleich eingangs die Einigkeit zwischen Partei und Gewerkschaft: "Der Werner und ich haben eines gemeinsam. Wir können uns beide eine SPÖ ohne ihren Kern, die Gewerkschaft, nicht vorstellen."

Warnung vor Schwarz-Blau

Faymann wusste natürlich, was die Parteibasis von ihm erwartete: "Wisst ihr, warum die Stimmung für uns zurzeit so gut ist? Weil Partei und Gewerkschaft wieder zusammengehören und ihr mich unterstützt. Miteinander sind wir nicht zu schlagen."
Der SPÖ-Chef attackierte VP-Finanzminister Wilhelm Molterer und Klubchef Wolfgang Schüssel, diese wollten die Einrichtungen der Arbeitnehmer in einem "Racheakt" zerstören. "Wir ahnen", was nach der Wahl kommen solle, nämlich eine Neuauflage der schwarz-blauen Koalition. Faymann: "Wir wissen, was hinter den Kulissen läuft, und das werden wir verhindern." Der SPÖ-Chef schimpfte, die ÖVP verbreite zudem eine Krisenstimmung, Österreich brauche aber "eine Regierung, die Optimismus und Chancen verbreite". Faymann bestärkte auch einmal mehr seine Europa-Position: "Wir fürchten uns nicht vor Wahlen und auch nicht vor Volksabstimmungen."

Dass sich die Ausgangssituation der SPÖ durch die Einbindung der Gewerkschaft erheblich verbessert, davon geht auch der Wiener Politikwissenschafter Emmerich Talos aus. Die SPÖ-Gewerkschafter könnten wesentlich zur Mobilisierung beitragen. Für die Wahlbewegung der SPÖ sei die Gewerkschaft ein wichtiges Netzwerk, das weit in die Basis hineinreiche. Die Wiederannäherung der SPÖ an ihre Gewerkschafter habe natürlich vordringlich einen strategischen Hintergrund, sagte Talos im Standard-Gespräch. Die neue Liebe zwischen SPÖ und Gewerkschaft werde aber dennoch von Dauer sein, prophezeihte der Sozialwissenschafter. Faymann werde aus strategischen Gründen, da die SPÖ auch in Zukunft Probleme der Mobilisierung haben werde, "dieses Atout nicht mehr aus der Hand geben". Das Verhältnis zwischen Gewerkschaft und SPÖ werde aber nicht mehr die Qualität der 60er-bis 80er-Jahre erreichen. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2008)