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Februar 1999: Beginn des Prozesses gegen Franz Fuchs in Graz. Im Hintergrund der Gerichtsakt, in dem sich keine Spur auf Mittäter fand. Nun geht die Justiz erneut einem Hinweis nach.

Reuters

Graz/Wien - Neuneinhalb Jahre nach dem Briefbombenprozess prüft die Justiz nun erneut, ob es nicht doch mögliche Komplizen gab. Das geht aus einer Anfragebeantwortung von Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hervor.

Bisher hatte es immer geheißen, dass der Fall des von 1993 bis 1997 andauernden Bombenterrors (vier Tote, 13 Schwerverletzte) endgültig abgeschlossen sei. Franz Fuchs aus Gralla sei ein Einzeltäter ohne Helfer und Mittäter gewesen. Was ein damals ermittelnder Fahnder nie so sah. Er glaubt, dass es zumindest andere Leute gab, die durch Bekennerbriefe mit Polizei und Medien kommunizierten. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim wollte nun von Fekter wissen, wie ernst dieser seit einem Jahr immer wieder geäußerte Verdacht genommen wird. Die Innenministerin antwortete, dass die Aussage des früheren Fahnders an die zuständige Staatsanwaltschaft Graz weitergeleitet worden sei.

Die Anklagebehörde gab daraufhin den Auftrag, den Beamten als Zeugen zu vernehmen. "In weiterer Folge werden auch die Oberstaatsanwaltschaft und das Justizministerium mit einbezogen", kündigte Dienstag Manfred Kammerer von der Staatsanwaltschaft Graz auf Anfrage des Standard an. Inhaltlich wollte er sich nicht äußern, gab aber zu bedenken, dass die Verdachtsmomente schon im Zuge der damaligen Ermittlungen überprüft worden seien.

Der Polizist, dem vom Innenministerium inzwischen untersagt wurde, "Öffentlichkeitsarbeit zu leisten", lenkt die Aufmerksamkeit unter anderem auf einen fast 80-jährigen Historiker aus Wien. Dieser war in der Nationaldemokratischen Partei (NDP) tätig, die 1988 wegen nationalsozialistischer Betätigung verboten wurde. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Die sieben Bekennerschreiben strotzen jedenfalls vor Deutschtümelei, wie sie vor allem älteren rechten Recken eigen ist. Von "Knallfröschen zu Unserem Krambambulicocktail" war beispielsweise im Schreiben nach der ersten Briefbombenserie die Rede. Auch die zahlreichen, auf ein deutschnationales Weltbild zurechtgebogenen Exkurse deuten weniger auf einen Vermessungstechniker wie Franz Fuchs, sondern auf historisch versierte Personen hin, deren ausgeprägter Nationalfrust in Beschimpfungen wie "Tschuschenregierung", "Fremdspracheneinpeitscher" oder "Ausländer-Lobbyisten" mündete.

Schon damals äußerten Sprachwissenschafter die Vermutung, dass die Bekennerschreiben von mehreren Personen verfasst worden sein müssten. (Michael Simoner, Der Standard Print-Ausgabe, 17.09.2008)