Ingo Forstenlechner schätzt an den Emiraten unter anderem die Höflichkeit im Konfliktfall.

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Ingo Forstenlechner fühlt sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) keineswegs als Exot: "Ich mache mir eher Sorgen, dass die Einheimischen sich so fühlen, denn sie stellen in ihrem Land eine Minderheit von nur 20 Prozent!" Gerade ein Prozent ist in der Privatwirtschaft beschäftigt, die große Masse sind Expatriates, ausländische Arbeitskräfte. Der Linzer leistet seit 2006 als Assistant Professor an der United Arab Emirates University einen Beitrag zur "Emiratisierung der Arbeitskraft" mit dem Ziel, "den Töchtern und Söhnen dieses Landes sinnvolle Berufe zu verschaffen".

Auf der einen Seite geht es um Institutional Theory, also unter welchen Umständen (normativer Druck, Nachahmung oder Legitimität) Arbeitgeber eher bereit sind, Jobs an Einheimische zu vergeben. Bei den Arbeitssuchenden geht es stärker um eine relevante Ausbildung und eine Änderung der Arbeitsethik. "Ich beschäftige mich mit der Motivation von Menschen. Es geht letztlich immer um dieselben Dinge, ob es sich um einen Konzern mit 2500 Anwälten handelt, wie bei meinem letzten Arbeitgeber, oder um die Jugend einer jungen Nation. Letzteres ist für mich einfach spannender" , so Ingo Forstenlechner.

Autoritäre Arbeitswelt

Nach dem Wehrdienst in Freistadt schrieb er sich an der FH Eisenstadt ein. Studienaufenthalte in Edinburgh (Schottland) und Frankfurt vertieften seine Kenntnisse im Bereich Human Performance Management. Parallel zu seinem Job als Projektmanager bei Freshfields in London machte er den Doktor an der Cranfield School of Management. Mit seinen damaligen Betreuern publiziert er immer "auf Augenhöhe", und das ist sicherlich "ein Unterschied zu Österreich". Als er mit seinem Arbeitgeber zurückwollte, fiel es ihm schwer, sich in die eher autoritäre Arbeitswelt zu integrieren. Diese gewisse Kollegialität und Toleranz ist ihm hierzulande abgegangen.

Den arabischen Raum lernte er 2002 durch einen Studienkollegen aus dem Oman kennen. In der Oasenstadt Al Ain, südlich von Dubai, arbeitet er gerne "wegen der Menschen, des Lebensstandards und 25 Grad im Winter" . In den Emiraten ist es wichtig, das Gesicht zu wahren und bei Konflikten höflich zu bleiben: "Ein schöner Gegensatz zu Wien, wo sich jeder Mensch berechtigt fühlt, einen zu maßregeln und anzuschreien."

Sein Arabisch lässt noch zu wünschen übrig, aber den wichtigsten Satz - nach einem schönen Begrüßungsritual - beherrscht er und beugt so Verwechslungen vor: Ich bin Österreicher ... denn die Heimat genießt in den Emiraten einen guten Ruf. 2003 gründete der 30-Jährige mit einem Freund ein Öko-Reisebüro für den Oman. Gemeinsam mit seiner Frau Petra ist er viel unterwegs in der Wüste, den Bergen und am Meer. Besonders die Riesenschildkröten haben es ihm angetan.

Auf Einladung von Brainpower Austria war er zuletzt bei den Technologiegesprächen in Alpbach. Den Sommer verbrachte er im grünen Ennstal und fuhr dort mit dem Rad. In den Emiraten wäre das unmöglich, "man würde von den fetten Landcruisern im Kreisverkehr einfach überfahren werden". (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2008)