Stuttgart - Der Sportwagenbauer Porsche hat die Kontrolle bei VW übernommen: Die Stuttgarter erhöhten am Dienstag ihren Anteil bei Volkswagen auf 35,14 Prozent. "Das Ziel bleibt weiterhin, unseren Anteil an Volkswagen auf über 50 Prozent zu erhöhen. Der heutige Schritt ist ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg", erklärte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.

Die Aktien hatte sich Porsche bereits durch Termingeschäfte gesichert, um von den europäischen Kartellwächtern grünes Licht für seine Pläne zur Übernahme von VW zu bekommen. Mit dem Stimmrechtsanteil verfügt Porsche nun über eine faktische Mehrheit in der VW-Hauptversammlung, da in den vergangenen Jahren meist nur rund 60 Prozent der Stimmrechte vertreten waren. Diese Hauptversammlungsmehrheit hatte die EU von Porsche als Bedingung für die Genehmigung der Übernahme der tatsächlichen Stimmrechtsmehrheit verlangt, die Porsche in einigen Wochen erlangen will.

Umstrittenes VW-Gesetz

Auch dann kann Porsche bei VW aber noch nicht frei schalten und walten, denn das VW-Gesetz gibt dem Land Niedersachsen mit einem Anteil von knapp über 20 Prozent ein Vetorecht. Gegen die Sonderstellung des staatlichen Eigners läuft Porsche Sturm, weil es seine Handlungsfreihalt als Hauptaktionär einschränkt.

Mit der Aufstockung wird VW Teil der Porsche-Holding - mit entsprechenden Folgen für die Beschäftigten. Damit ziehen die Arbeitnehmervertreter von Volkswagen in den Betriebsrat der Porsche Europa-Holding und in den Aufsichtsrat der Dachgesellschaft ein. Das Management und der Betriebsrat von Porsche liegen seit Monaten mit dem VW-Betriebsrat im Clinch. Der auch vor Gericht ausgetragene Streit dreht sich um die Machtverteilung in der Porsche-Holding, unter der sowohl das Fahrzeuggeschäft von Porsche als auch die Beteiligung an VW geführt werden. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh verlangt mehr Einflussmöglichkeiten für die rund 30-mal größere Belegschaft des Wolfsburger Konzerns.

Mögliche Klage

Der VW-Betriebsrat will nun prüfen, ob er eine weitere Klage gegen die von Porsche mit dem eigenen Betriebsrat vereinbarte Mitbestimmungsvereinbarung einreicht. Er begründet dies damit, dass sich durch die Aufstockung strukturelle Veränderungen ergeben hätten, die eine Neuverhandlung nötig machten.

Gleichzeitig mit der Anteilsaufstockung musste Porsche den Aktionären der VW-Tochter Audi ein formales Übernahmeangebot unterbreiten. Die Bedingungen wurden allerdings so gewählt, dass die Resonanz gering sein dürfte. Die Audi-Aktie notierte am Dienstag zwei Euro über dem von Porsche angebotenen Preis von 487 Euro je Anteilschein.

VW hält 99,14 Prozent an Audi. Sollten die 0,86 Prozent im Streubesitz liegenden Anteile zum Kauf angeboten werden, will Porsche sie an Volkswagen weiterreichen. Den Wert gab Porsche mit 170 Mio. Euro an. Wiedeking trat zugleich Befürchtungen entgegen, Porsche wolle sich Audi einverleiben. "Wir sehen Audi als integralen Bestandteil des Volkswagen-Konzerns und haben kein Interesse daran, das Unternehmen aus dem Konzernverbund herauszulösen", betonte der Porsche-Chef.

Seit vergangenem Freitag muss sich der Großaktionär jede Zusammenarbeit mit Audi im Aufsichtsrat von Volkswagen absegnen lassen. Möglich wurde dies durch das Abstimmungsverhalten von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech, der einem Antrag der Belegschaftsvertretung zu einer Mehrheit verhalf. Das hatte für eine Eklat mit Porsche gesorgt. Der Familienclan prüft nun, wie er Piechs Einfluss einschränken kann.