Martin Schenk von der Armutskonferenz fordert Maßnahmen für die "wirklich wichtigen" Dinge: "Alles, was zu den Armen direkt umverteilt wird."

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"Es wird keinem einzigen der 400.000 Armen in Österreich auch nur irgendwie helfen, wenn Kaviar und Trüffeln höher besteuert werden." Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich, bezeichnet die SPÖ-Liste der Nahrungsmittel, die bei der Mehrwertsteuersenkung ausgenommen werden sollen, als eine "ganz eigenartige Idee". Er fordert stattdessen Maßnahmen für die "wirklich wichtigen" Dinge: "Alles, was zu den Armen direkt umverteilt wird, etwa eine Erhöhung der Negativsteuer oder eine Erhöhung der Sozialhilfe."

Mindestsicherung

Die Reform der Sozialhilfe gehe im Wahlkampf unter, bedauert die Armutskonferenz. "Und das nicht zum ersten Mal. Leidtragende sind 130 000 Hilfesuchende." Dabei gebe es eine steigende Zahl an SozialhilfebezieherInnen. Deshalb wünscht sich die Armutskonferenz eine Mindestsicherung, aber: "Es kann keine Mindestsicherung geben, die diesen Namen verdient, ohne dass die tatsächlichen Wohnkosten für Armutsbetroffene abgedeckt werden, ohne die Sicherung österreichweiter Standards bei existentiellen Nöten in besonderen Lebenslagen (kaputter Boiler, Schulsachen, etc.), ohne eine Reform des Vollzug der Sozialhilfe in den Ländern und ohne Reform der aktiven Arbeitsmarktpolitik."

Umstieg auf preiswerte Energieformen

Eine der zentralen Ursachen für die Teuerung ortet die Armutskonferenz außerdem im gestiegenen Ölpreis, der sich auf viele Produkte in der Wertschöpfungskette auswirkt. "Leute mit wenig Geld sitzen in der Energiearmutsfalle, da sie kein Kapital haben, um Investitionen zum Ausstieg aus teurer fossiler Energie zu tätigen", so Schenk. Um Menschen an der Armutsgrenze zu entlasten, müssten die Betroffenen daher beim Umstieg auf nachhaltige und auf Dauer günstigere Energieformen sowie bei Maßnahmen für einen geringen Energieverbrauch und durch leistbaren öffentlichen Verkehr unterstützt werden.

Günstigere Dienstleistungen im Alltag

Grundsätzlich helfen würden Einkommensarmen auch Investitionen in Dienstleistungen, die sie im Alltag unterstützen: von der Kinderbetreuung über aktive Arbeitsmarktpolitik bis hin zu Pflegehilfen. Auch ein Bildungssystem, das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial selektiert, würde wirken, plädiert Schenk für die Gesamtschule. "All das würde helfen - auch in Zukunft." (red, derStandard.at, 16.9.2008)