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In Österreich werden im Europavergleich viele Krebserkrankungen vorzeitig erkannt und gut behandelt

Foto: AP/Michael Probst

Stockholm/Wien - Österreichs jährlich rund 37.000 "neue" Krebspatienten und jene Menschen, die bereits in Behandlung stehen, können Vertrauen in ihre medizinische Versorgung haben: Die neueste wissenschaftliche Studie des renommierten schwedischen Karolinska-Instituts (Stockholm) über die Verwendung der modernsten medikamentösen Therapien gegen Krebs bestätigt dies. Bei den aufgewendeten Finanzmitteln und in der Verwendung dieser Präparate ist Österreich europaweit mit an der Spitze.

"Auf richtigem Weg"

"Es sieht so aus, als wäre Österreich einfach auf dem richtigen Weg. Bei Lungenkrebs zum Beispiel werden in diesem Land in unserem europäischen Vergleich mit 28 Prozent mehr Erkrankungen in einem (per Operation, Anm.) noch kurablen Stadium erkannt als anderswo. An der letzten Stelle liegt hier Irland mit zwölf Prozent. Ein Vergleich von 13 EU-Staaten zeigt, dass Österreich bei der Verwendung der neuen Krebs-Medikamente bei Aufwendungen pro 100.000 Einwohner mit 3,5 Millionen Euro deutlich über dem EU-Schnitt von 2,6 Millionen Euro, aber auch unter dem Höchstwert von 4,4 Millionen Euro in Frankreich liegt", sagte Studienautor Nils Wilking vom renommierten Karolinska-Institut in Stockholm in einem Hintergrundgespräch am Rande des Europäischen Krebskongresses (ESMO) in Stockholm.

Lungenkrebs: auch relativ wenige Neuerkrankungen

Gerade beim Lungenkrebs scheint die Situation in Österreich laut den Angaben von Wilking nicht so schlecht zu sein, wie sie im Rahmen der Anti-Rauch-Diskussion der vergangenen Monate oft kritisiert wurde: Mit weniger als 25 Prozent der Einwohner als tägliche Raucher liegt Österreich recht gut (Niederlande: mehr als 30 Prozent).

Auch bei den Lungenkrebs-Neuerkrankungen pro Jahr und 100.000 Einwohner ist Österreich mit weniger als 40 Fällen in der besten Gruppe (Italien, Griechenland, Tschechien mehr als 50 pro 100.000 Einwohner und Jahr). Doch die Erkrankungsraten spiegeln das Rauch-Verhalten einiger Jahrzehnte vor dem Auftreten der Erkrankungen dar. Mit mehr jungen Frauen als Zigaretten-Fans kann sich leicht - ähnlich wie in den Niederlanden - ins Negative umschlagen.

Mehr finanzielle Aufwendungen als in Schweiz

Bereits vor drei Jahren haben Wilking und Bengt Jönsson von der Stockholm School of Economics Daten vorgestellt, wonach Österreich bei der Zurverfügungstellung neuer Krebsmedikamente und bei deren Verwendung in Europa führend ist. Beim ESMO-Kongress in Stockholm wurde die neueste Version einer aktualisierten Auswertung bis ins Jahr 2007 präsentiert. Wilking stellte seine Daten bereits am Freitag österreichischen Journalisten vor.

Was erstaunlich ist: Mit 3,5 Millionen Euro an Krebsmedikament-Aufwendungen pro 100.000 Einwohner liegt Österreich auch vor der Schweiz (drei Millionen Euro), welche wiederum gleichauf mit Spanien ist. In Großbritannien liegt dieser Wert bei 1,56 Millionen Euro, also drastisch darunter. Wilking: "In Frankreich findet eventuell ein Übergebrauch der modernen Krebsmedikamente statt, in Großbritannien ist es eindeutig zuwenig."

Großbritannien hinter ehemaligem Ostblock

Mit dem extrem langsam agierenden und ganz spezifisch auf schnelle Wirtschaftlichkeit getrimmten NICE-Gremium, welches das Health Technology Assessment (HTA) samt möglichst großem Einsparen bei medizinischen Strategien in Reinkultur propagiert, hat sich Großbritannien bei den Krebstherapien offenbar in eine Lage manövieriert, die schlechter als jene ehemaliger Ostblockländer ist.

Das Resultat: Sowohl bei der Verwendung des monoklonalen Antikörpers Bevacizumab (z.B. Brust- und Lungenkrebs) als auch bei dem monoklonalen Antikörper Cetuximab (z.B. Dickdarmkrebs) und den "kleinen Molekülen" Sorafenib, Sutinib (z.B. Nierenzellkarzinom) oder dem HER2-Rezeptor-Blocker Trastuzumab ("Herceptin") ist Österreich mit an der Spitze, Großbritannien weit abgeschlagen. Die osteuropäischen Staaten sind bei einem wesentlich geringeren Finanzpool stark im Aufholen.

Datenbanken sollen bei Kampf gegen Krebs helfen

Wilking: "Wir benötigen aber in den einzelnen Ländern gute Datenbanken über die Verwendung dieser Medikamente. Nur so können wir bestimmen, wo sie optimal, wo zuviel und wo sie zuwenig verwendet werden. Immerhin sind zwischen 1995 und 2005 in Europa fast 25 neue Krebsmedikamente auf den Markt gekommen. Von 2007 bis 2012 werden es rund 50 sein." Da sollten Ärzte und Finanzierer die Übersicht behalten (können). (APA)