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Erst als ein Baby in der Armutsprovinz Gansu starb, ließ sich der Skandal nicht mehr vertuschen. Inzwischen wurden auch bei 432 weiteren Babys in einem Dutzend Provinzen Nierensteine festgestellt

Foto: AP/ CHINATOPIX

Peking - Chinas größter Lebensmittelskandal um giftige Babynahrung weitet sich aus. In dutzenden Krankenhäusern vor allem in ländlichen Armutsprovinzen kämpften am Montag Ärzte nach dem Tod zweier Babys um das Leben weiterer Kleinkinder. Alle wurden mit Nierensteinen und Harnkoliken eingeliefert. Die Babys waren in den vergangenen Wochen mit dem Milchpulver der Marke Sanlu ernährt worden. Inzwischen steht fest, dass skrupellose Produzenten unter die Babynahrung die Chemikalie Melamin gemischt hatten, um den teuren Milchanteil zu verringern und zu ersetzen.

Das Ausmaß der aus Profitgier und mangelnder Kontrolle hervorgerufenen Nahrungsmittelkrise trat erst am Montag zum Vorschein. Pekings Gesundheitsministerium räumte 1253 Krankheitsfälle unter Kleinkindern ein, die wegen Nierensteinen behandelt werden müssen. Das waren viermal so viele Fälle, wie noch am Wochenende bekannt wurden. 53 Babys wurden als "in kritischer Lage" eingestuft.

Am Montag starb in der nordwestlichen Armutsprovinz Ningxia das zweite Baby. Die meisten der Betroffenen sind Bauernkinder und zwischen fünf bis elf Monate alt. Ihre Eltern konnten sich teure importierte Babynahrung nicht leisten und griffen zu den billigeren Produkten des größten einheimischen Babynahrungsproduzenten Sanlu. Sie hatten Vertrauen zu der mit vielen Qualitätspreisen ausgezeichneten nationalen chinesischen Marke. Hinzu kam, dass sich die neuseeländische Milchkooperative Fonterra Ende 2006 zu 43 Prozent in den chinesischen Milchgiganten eingekauft hatte.

Inzwischen wurde auch von Sanlu und Chinas Behörden bestätigt, dass zehntausende Tonnen verseuchtes Milchpulver seit mindestens einem halben Jahr auf dem chinesischen Markt verkauft wurden. Inzwischen sind alle Sanlu-Milchpulver-Dosen oder -Plastiktüten über Nacht aus den Regalen aller Geschäfte und der Einkaufszentren von Wal-Mart bis Carrefoure verschwunden. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 16. September 2008)