Linz - Die Eröffnung des diesjährigen Brucknerfestes Linz ging gestern in überaus nachdenklicher Atmosphäre über die Bühne des Brucknerhauses. Die Festrednerin, die in der Türkei geborene deutsche Schauspielerin Renan Demirkan, forderte in ihren Gedanken über die Zukunft der Menschen "Utopie mit Respekt" - so der Titel ihrer Rede. Kulturministerin Claudia Schmied (SP) bezog sich auf das zur Eröffnung des Brucknerfestes aufgeführte Vorspiel zu Wagners Der fliegende Holländer: In der Oper sei der Kapitän dazu verdammt, ewig die Weltmeere ohne Ziel zu befahren. Ähnlich sei die innenpolitische Lage: Die Ministerin verlangte, das Einende wieder vor das Trennende zu stellen.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SP), die die Eröffnung vornahm, machte ihrerseits darauf aufmerksam, dass heute, Montag, erstmals der von der UNO ausgerufene Tag der Demokratie sei. Freiheit der Kunst, freie Meinungsäußerung, Demokratie und Parlamentarismus seien keine Selbstverständlichkeit. Die Lehren aus der Vergangenheit müsse man richtig einordnen. Deshalb sei auch beispielsweise die Bezeichnung des Parlaments und anderer Institutionen als "Quatschbuden" abzulehnen. Sie sprach sich gegen ein Ende der Bemühungen zur Rückgabe von Raubkunst aus. Eine solche sei Verpflichtung, so aufwändig dies auch sei.

Die Eröffnung gilt bereits als ein "Vorbote" für Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009. Das diesjährige Linzer Brucknerfest (bis 4. Oktober) trägt erneut das Motto "klassisch anders". Anton Bruckner steht im Mittelpunkt, darüber hinaus gibt es zahlreiche Veranstaltungen. Das Bruckner Orchester (Russell Davies) spielte gestern die Symphonie Nr. 1 E-Dur von Hans Rott als "klassische" Klangwolke, die in den Linzer Donaupark übertragen wurde. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15. 9. 2008)