"Vorwand für Dinge, die man im Stiftungsrat nicht durchbringt": ORF-Chef Wrabetz sieht mögliche Nebenwirkungen von Novellen.

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Wien - Zwei Wochen vor der Wahl macht sich ORF-Chef Alexander Wrabetz offenbar Gedanken über seinen Job. Eine Nebenbemerkung des Generals nach einer Nacht über dem rohen Rechnungshofbericht zum ORF und neun Stunden Strategieklausur deuten darauf hin.

Die Prüfer empfehlen einen kleineren, handlungsfähigeren Stiftungsrat (der STANDARD berichtete). Dafür müsste eine Parlamentsmehrheit das ORF-Gesetz ändern.

Wrabetz will nun abwarten, wie die Lage nach der Wahl aussieht. Diskussionen über ORF-Strukturen könnten "den Vorwand bieten, mit einer gesetzlichen Änderung Dinge zu tun, die man so im Stiftungsrat nicht durchbringt".

Lindner für Weis

Was er wohl meint, zeigt ein Blick ins Jahr 2001: ÖVP und FPÖ begründeten das neue ORF-Gesetz, dessen Auftrag sei präziser zu fassen, Politiker sollten vom Aufsichtsrat ausgeschlossen werden und Schleichwerbung beschränkt. Ziel dahinter war, ORF-Chef Gerhard Weis vorzeitig durch die genehmere Monika Lindner zu ersetzen. Im ORF-Stiftungsrat bräuchte man dafür eine praktisch nicht erzielbare Zweidrittelmehrheit.

Empfehlungen des Rechnungshofs könnten je nach politischer Konstellation einen ähnlichen Prozess in Gang.

Der Rechnungshof klingt etwa nach ZDF-Vorbild mit einem großer Fernsehrat, der die Gesellschaft breit repräsentiert, und aufsichtsratsähnlichem Verwaltungsrat. Stiftungsratschef Klaus Pekarek kann dem folgen. Tunlichst mit "Sach- und Fachkompetenz" und "Unabhängigkeit".

Der Rechnungshof kritisiert neben Größe des Stiftungsrats, Zulagen, Online- und Technikdirektion schwache Veranlagungsperformance des ORF. Die ÖVP vermisste in der Klausur einen Bericht über die wirtschaftliche Entwicklung des ORF im zweiten Quartal. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 15.9.2008)