John Anderson ist seit 2006 Geschäftsführer von Sony Austria. Zuletzt war er Marketing-Direktor für die Bereiche Audio und Video.

Sony Pictures

"Offene Standards kommen dem Konsumenten entgegen."

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"Der DSLR-Konsument hat sich seit der Analog-Zeit gewandelt."

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"Es wäre verrückt Apples Erfolg zu leugnen. Der iPod und iTunes sind Kult-Produkte."

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Seit dem Howard Stringer das Ruder beim japanischen Elektronikkonzern übernommen hat, ist Sony im Wandel begriffen. Proprietäre Formate werden zunehmend fallen gelassen, Konkurrenzprodukte eingebunden und an einem Masterplan gestrickt: Sony United. "Am Ende des Tages wollen wir den Kunden dazu bringen mehrere unserer Produkte einzusetzen, um von der Vernetzung zu profitieren. Offene Standards kommen dem Konsumenten entgegen", erklärt Sony Austria-Geschäftsführer John Anderson im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

derStandard.at: Mit der Initiative Sony United möchte Sony seine Kräfte bündeln, was steckt genau dahinter?

John Anderson: Sonys Ziel ist es der führende Anbieter von netzwerkfähiger Konsumentenelektronik und Unterhaltung zu werden. Der erste Schritt umfasst dabei die nahtlose Integration von Software, Hardware und Services wie etwa Musik oder Filme. So bringen wir beispielsweise in Zusammenarbeit mit Sony Pictures Blu-ray-Player im Paket mit Blu-ray-Filmen auf den Markt. Im Bereich Audio haben wir den MP3-Player S730 mit Musik von Künstlern wie Chris Brown bespielt in den Handel gebracht.

derStandard.at: Als Bonus oder werden die Geräte dadurch teurer?

John Anderson: Nein, das war sozusagen als Highlight im Zuge der Markteinführung.

derStandard.at: Auffallend ist auch die Vereinheitlichung der Benutzeroberfläche bei den unterschiedlichen Produkten.

John Anderson: Wir nutzen die Benutzeroberfläche der PlayStation 3 (PS3), die Cross Media Bar (XMB), mittlerweile auch zur Navigation anderer Geräte.

derStandard.at: Zeigt sich da der Einfluss der PS3?

John Anderson: Unter anderem. Heute findet man die XMB auch schon bei Bravia-Fernsehern, AV-Receivern und bei Blu-ray-Produkten. Die Nutzer sollen ein homogeneres Erlebnis erfahren. Das betrifft genauso die Fernbedienungen. Ich weiß nicht, wie viele sie haben…

derStandard.at: Eine, intelligente.

John Anderson: Ok, ich habe sechs. Mit der Einführung von Bravia-Sync (Anm.: Abgeleitet vom Standard "Consumer Electronic Controll" CEC) können HMDI-Komponenten nun mit nur einer Fernbedienung kontrolliert werden.

derStandard.at: Und die PS3 gilt für Sony weiterhin als Schnittstelle…

John Anderson: Sie ist eine der wahren Entertainment-Schnittstellen. Wir verbinden Gamer damit, mit Blu-ray aber auch Film-Fans. Sie spielt eine Schlüsselrolle, auch im Zuge der Digital Living Network Alliance (DLNA). Durch diesen Standard kann man Bilder vom Handy kabellos zum Drucker schicken oder auch Bilder vom PC direkt zum Fernseher senden um einige Beispiele zu nennen. Über den Digital Media Port (DMP) kann man seinen portablen Player an der Stereoanlage anschließen und ihn per Fernbedienung steuern. Am Ende des Tages wollen wir den Kunden dazu bringen mehrere unserer Produkte einzusetzen, um von der Vernetzung zu profitieren.

derStandard.at: Was ist mit der Kompatibilität zu Geräten anderer Hersteller?

John Anderson: Wir arbeiten in mehreren Bereichen bereits mit anderen Herstellern zusammen. Der DMP ist beispielsweise auch iPod-tauglich.

derStandard.at: Ist das ein Zeichen dafür, dass man Apples Dominanz akzeptiert hat oder versucht man weiterhin gegen den iPod anzukämpfen?

John Anderson: Es wäre verrückt Apples Erfolg zu leugnen. Der iPod und iTunes sind Kult-Produkte. Auf der anderen Seite haben wir mit Walkman eine starke Marke, die wir über portable Player und SonyEricsson-Handys vertreiben. Natürlich stehen wir im Wettbewerb zueinander. Apple hat eine tolle Benutzeroberfläche, dafür setzen wir auf unsere Expertise im Audio-Bereich. Dadurch können wir Störgeräusch-filternde Kopfhörer anbieten und eine sehr lange Akkulaufzeit garantieren. Wir setzen auf offene Standards. Musik kann bei uns per Drag & Drop auf den Player kopiert werden.

derStandard.at: Inwiefern versucht Sony von Apples Erfolg zu profitieren?

John Anderson: Wir haben erst kürzlich eine iPod-Docking-Station herausgebracht, um den Player besser in die Heimanlage zu integrieren. Es wird sich zeigen, ob das Produkt ein Erfolg wird.

derStandard.at: Weil Sie es angesprochen haben: Der Zugang zu offenen Formaten ist für Sony allerdings etwas Neueres….

John Anderson: Es ist besser für den Konsumenten. Bei den portablen Geräten war der Schritt von ATRAC weg bestimmt eine richtige Entscheidung. Und das resultiert in gesteigerten Marktanteilen. Wenn man zukünftig den DLNA-Standard forcieren will, müssen unsere Produkte auch mit denen des Mitbewerbes zusammenarbeiten können.

derStandard.at: Betrifft das nicht genauso den Kopierschutz und das Digitale-Rechte-Management (DRM)?

John Anderson: Da müssten Sie die Verantwortlichen bei SonyBMG fragen. Aber im Prinzip kommen offene Standards dem Konsumenten entgegen. Das Copyright muss gleichzeitig jedoch auch respektiert werden.

derStandard.at: Sony hat erst im August Bertelsmanns Anteile an SonyBMG für 900 Millionen US-Dollar übernommen. Der Musikkonzern hat holprige Jahre hinter sich. Welche Vorteile bringt Sony die totale Kontrolle?

John Anderson: Man kann jetzt aus den Vollen schöpfen. Inhalte sind extrem wichtig für Sony und mit der Übernahme wurde die Kooperation mit unseren Hardware-Gruppen vereinfacht.

derStandard.at: Bei Bertelsmann scheint man nicht mehr an das Comeback des Musikgeschäfts geglaubt zu haben. Der Verkauf von digitaler Musik kann die Verluste im CD-Geschäft nicht auffangen.

John Anderson: Ich kann nicht für SonyBMG sprechen, aber ich glaube, es gibt Platz für beide Distributionswege. Das zeigt sich auch bei Blu-ray…

derStandard.at: Mitbewerber wie Samsung oder Microsoft sehen keine rosige Zukunft für das HD-Medium – sie glauben, dass Blu-ray in Zeiten des Downloads nicht überleben wird können...

John Anderson: Ich denke, beides wird koexistieren. Es wird noch dauern, bis Breitbandinternet die benötigten Geschwindigkeiten für HD-Inhalte ohne Einschränkungen liefert. Und auf der anderen Seite wird es immer Konsumenten geben, die eine Disk in den Händen halten wollen werden.

derStandard.at: Die größte Barriere für Blu-rays scheint der hohe Preis zu sein.

John Anderson: Am Anfang eines Produktzyklus sind innovative Produkte immer höherpreisig positioniert, aber das regelt sich im Laufe der Zeit von selbst.

derStandard.at: Viele sagen auch, dass ihnen die Bildqualität einer DVD reicht.

John Anderson: Mit der Etablierung der Full HD-Fernseher wird sich das ändern und die Konsumenten werden nach einer Quelle suchen, die die Möglichkeiten dieser Fernseher voll ausspielen. Es gibt einen HD-Inhalte-Mangel. Erst wenige Fernsehsender strahlen in HD aus und dann auch nur in 720p. Hier bietet die Blu-ray mehr.

derStandard.at: Welches Ziel verfolgt Sony am TV-Markt? Die Margen sind gering und der Wettbewerbsdruck enorm hoch. Welche Erwartungen hat man an einen Markt, der kaum Profite abwirft?

John Anderson: Das klare Ziel ist es global bis 2010 die Nummer Eins am TV-Markt zu sein und wir sind dabei profitabel zu werden. In Österreich teilen wir uns seit Juni den ersten Platz mit Philips. Das ist deswegen so wichtig, weil der Fernseher das Zentrum eines jeden Home-Entertainment-Systems ist. Alle Komponenten laufen hier zusammen.

derStandard.at: Interessant ist, dass weltweit gesehen Samsung Sonys stärkster Konkurrent ist und gleichzeitig einer der der größten Partner bei der LCD-Produktion…

John Anderson: Das betrifft die Panel-Produktion. Wir werden hier auch mit Sharp zusammenarbeiten. Den Unterschied zwischen den Fernsehern machen das Produktdesign und die Bildverarbeitungselektronik aus.

Das bringt mich auch auf die Margen zurück. Im Einstiegslevel bis 600 Euro gibt es kaum Spielraum, während bei den Modellen ab 40 Zoll, mit moderner Technik, die Konsumenten sehr wohl bereit sind mehr zu bezahlen. Wertvolle Produkte machen das Geschäft profitabel.

derStandard.at: Wenn wir bei großen Margen sind: Sonys 11-Zoll-OLED-Fernseher soll Anfang 2009 nach Europa kommen. Analysten bezweifeln allerdings den Erfolg der Technologie, einfach weil sie viel zu teuer ist.

John Anderson: LCDs sind momentan ganz oben. Aber OLED ist der nächste Sprung. Wir werden beide Systeme lange Zeit nebeneinander sehen, so wie es einst bei Plasma- und Röhren-Bildschirmen war. Es ist schwer zu sagen, wann OLED-Fernseher in jedermanns Haushalt Einzug halten werden. Wir hätten uns vor wenigen Jahren nicht einmal gedacht, dass wir heute 200-Hz-TVs verkaufen werden. OLED wird durch seine Vorzüge zunächst auch andere Einsatzgebiete finden.

derStandard.at: Wie bei Displays für Kameras? Die Digital Imaging-Sparte ist finanziell gesehen Sonys Zugpferd. Vor allem Kompaktkameras der "Cyber-shot"-Marke verkaufen sich gut. Welche Ziele verfolgt man mit der Übernahme von Minolta – ist das eine Kampfansage im Bereich der Digitalen-Spiegel-Reflex-Kameras (DSLR)?

John Anderson: Das ist Neuland für uns und wir glauben, hier steckt viel Potenzial drin. Der DSLR-Konsument hat sich seit der Analog-Zeit gewandelt. Wir versuchen mit Geräten, die die Qualität einer DSLR liefern und einfach zu bedienen sind, ein breiteres Publikum anzusprechen.

derStandard.at: Wie hoch schätzen Sie das Potenzial ein?

John Anderson: Heute haben etwa 22 Prozent aller Österreichischen Haushalte eine analoge Spiegel-Reflex-Kamera und nur 9 Prozent haben eine DSLR-Kamera. Ich sehe keinen Grund, weshalb dieser Anteil mit der Vereinfachung der Geräte nicht auf bis zu 50 Prozent gesteigert werden könnte.

derStandard.at: Der Cyber-shot-Brand wird auch bei SonyEricsson-Handys weitergeführt. Sehen sie die Gefahr, dass Kamera-Handys den klassischen Kameramarkt kannibalisieren?

John Anderson: Ich kenne keine Zahlen, die diese Annahme unterstützen. Persönlich glaube ich nicht, dass die Leute trotz Handy-Kamera auf eine richtige Kamera verzichten. Es ist eine Frage des Anwendungszwecks. Beim Handy geht es mehr um den Schnappschuss. Praktisch, wenn etwas Unerwartetes passiert, auch wenn die Qualität nicht unbedingt der einer herkömmlichen Kamera entspricht.

derStandard.at: Apropos Anwendungszweck: Wenn wir den Laptop-Markt ansehen, dann herrscht zurzeit geradezu ein Boom um sogenannte Netbooks. Jeder große Hersteller fährt seine Geschütze auf – wo bleibt Sony?

John Anderson: Wir werden uns den Markt genau ansehen. Unsere Priorität bei Vaios liegt momentan bei der Qualität von Laptop-Bildschirmen und der Hardware. Aspekte die notwendig sind, wenn man multimediale Inhalte genießen möchte.

derStandard.at: Viele Menschen wollen mit ihren Laptops nichts anderes als Emails abrufen und ein wenig Internet-Surfen…

John Anderson: Das ist auch der Grund, weshalb die Verkaufszahlen von Netbooks noch in die Höhe schießen werden. Ich bezweifle gar nicht, dass es dafür einen Markt gibt. Wir konzentrieren uns zurzeit aber auf Leistung und Qualität.

derStandard.at: Einige Modelle der TZ-Serie mussten gerade erst aufgrund eines technischen Defekts eingezogen werden.

John Anderson: Das war vor allem in den USA ein Problem. Bis jetzt haben wir in Österreich keine Reklamationsmeldungen erhalten.

derStandard.at: Zurück zu den Netbooks: Ein ganz ähnliches Statement hat Dells Österreich-Chef Thomas Hillebrand Anfang des Jahres gegenüber derStandard.at abgeben und vor wenigen Tagen erst wurde nun das "Dell-Netbook" präsentiert.

John Anderson: Am Ende des Tages beobachtet man immer das Marktgeschehen. Wenn sich ein Tor öffnet und wir die Kompetenz dazu haben, werden wir vielleicht einsteigen. Es muss auch zur gesamten Unternehmensstrategie passen.

derStandard.at: Zur Kernfrage seiner Strategie hat Sony-Boss Howard Stringer vor etwa einem Jahr die Profitabilität erklärt. Speziell die PlayStation-Gruppe war davon betroffen, die Berichten zufolge mit der PS3 bis dato höhere Verluste eingefahren hat, als in den 5 Blütejahren mit der PS2 Gewinne eingefahren werden konnten.

John Anderson: Was die PS3 betrifft: Natürlich entwickeln Unternehmen wie Sony immer wieder neue Produkte, in deren Entwicklung viel investiert werden muss. Aber es gilt die Profitabilität auf lange Sicht hinaus zu sichern. Es muss immer andere Sparten geben, die einen über Wasser halten, während Produkte wie Blu-ray und die PS3 eingeführt werden. Der Mix muss stimmen.

derStandard.at: In Österreich wurde 2007 das PlayStation-Team von 9 Mitarbeitern auf 3 gekürzt und dem deutschen Team unterstellt. Wie passt das mit dem Gedanken zusammen, dass die PS3 eines der Kernprodukte Sonys ist. Kann ein derart wichtiges und Konsumenten-orientiertes Produkt von außerhalb des Landes vermarktet werden?

John Anderson: Die Managementstrukturen haben sich geändert. Aus meiner Sicht ist es vor allem notwendig Sales-Leute und Personen für das lokale Marketing vor Ort zu haben. Und das ist weiterhin gegeben.

derStandard.at: Haben die österreichischen Niederlassungen mit weiteren Einsparungen zu rechnen?

John Anderson:Was Sony Austria GmbH betrifft, nein. Wir expandieren seit drei Jahren unser Sales- und Marketingteam, insbesondere in den Bereichen DSLR-Kameras, Vaios und Fernseher. Wir brauchen viele kompetente Leute, um die Produkte auf den Markt zu bringen.

derStandard.at: So Sie suchen also Personal?

John Anderson: Ja, tatsächlich. Wir halten immer nach jungem Blut Ausschau.

derStandard.at: Vielen Dank für das Gespräch. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at vom 14.9.2008)