Die heimische IT-Branche findet zu wenig qualifiziertes Personal.

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Wien - Die heimische IT-Branche findet zu wenig qualifiziertes Personal. Die Auslagerung von Arbeitskräften und der Zuzug gut ausgebildeter Mitarbeiter aus dem Ausland reichen nicht aus, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Der Verband der Österreichischen Software Industrie (VÖSI) sprach sich deshalb am Donnerstagabend bei seinem Jahrespressegespräch für das verstärkte Rekrutieren älterer Arbeitnehmer aus. Dafür müsse die Politik endlich geeignete Rahmenbedingungen schaffen, forderte VÖSI-Präsident Peter Kotauczek.

Trotz des unmittelbar bevorstehenden demografischen Wandels gebe es nur in 14 Prozent aller Unternehmen eine Recruiting-Strategie, die auf Ältere abzielt, sagte Maria Schwarz-Wölzl vom Zentrum für Soziale Innovation. Laut Umfragen denken etwa zwei Drittel der Österreicher, dass die Generation 50+ nicht mehr als voll arbeitsfähig eingestuft werde, so die Wissenschafterin. Besonders krass sei die Situation im IT-Sektor. Dort seien etwa 80 Prozent der Fachkräfte in Europa unter 45 Jahre alt.

Gerade in der IT-Branche werden aber ältere Entwickler dringend gebraucht, denn "Software ist eingefrorenes Denken", wie Kotauczek, Chef der Wiener börsenotierten IT-Beteiligungsgesellschaft Beko Holding AG, erläuterte. Nach wie vor finden sich in Programmen 30 bis 40 Jahre alte Codezeilen bzw. Algorithmen, mit denen Jüngere oftmals nichts mehr anfangen können. Ältere Arbeitnehmer zeichnen sich außerdem durch hohe soziale Kompetenz, Problemlösungsfähigkeit und Loyalität aus, so Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer Österreich.

"Age Diverse Recruitment"

Um "Age Diverse Recruitment" zu ermöglichen, sei die Politik gefragt. Manfred Prinz, Österreich-Chef der Computer Sciences Consulting und VÖSI-Vizepräsident, urgierte die Aufhebung des Kündigungsschutzes für über-45-jährige IT-Kräfte sowie die Herabsetzung des Mindestgehalts. Nur so kämen die heimischen IT-Unternehmen (billiger) an Ältere heran.

Der Generation 50+ mache es nichts aus, weniger zu verdienen als mit 30 oder 40 Jahren, wenn sie dafür "nur" 40 Stunden in der Woche arbeiten müsse, so Prinz. In der Software-Branche herrschten eben andere Spielregeln, meinte Kotauczek. Dort wirkten die gängigen Altersteilzeit- und Arbeitszeitenregelungen kontraproduktiv und "zerstören den Markt", monierte der VÖSI-Präsident.

Von der neuen Regierung wünscht sich Kotauczek deshalb einen "fachkundigen Ansprechpartner mit einer Halbwertszeit von mehr als 2,5 Jahren", sagte er in Anspielung auf die 2007 vom Bundeskanzleramt und vom Infrastrukturministerium eingerichtete IKT-Task-Force. Dieses Gremium hätte den sogenannten IKT-Masterplan, ein Maßnahmenpaket zur Stärkung des IT-Standortes Österreich, umsetzen sollen, hat jedoch nach Ansicht Kotauczeks wenig weitergebracht. "Von der Regierung sind wir noch nie motiviert worden", klagte er. (APA)