Im Kampf gegen ungleiche Entlohnung von Männern und Frauen schlägt FP-Obmann Heinz-Christian Strache stichprobenartige Kontrollen in Betrieben vor.

Foto: Standard/Newald
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STANDARD: Wir haben versucht, frauenpolitische FPÖ-Forderungen zu finden, haben aber nur familienpolitische gefunden. Bedarf es für Sie klassischer Frauenpolitik?

Strache: Selbstverständlich. Denn wir sehen ja, dass es in den letzten Jahrzehnten noch immer nicht zu einem gleichen Lohn für gleiche Leistung gekommen ist.

STANDARD: Aber was kann die Politik da machen?

Strache: Na die gesetzlichen Sicherheiten dafür umsetzen.

STANDARD: Heißt das, Sie wollen gesetzlich festgeschriebene Löhne?

Strache: Es sollte stichprobenartige Kontrollen in den Betrieben geben. Viele Frauen trauen sich ja gar nicht aufzuzeigen, dass es eine Ungleichbehandlung gibt. Und Frauen werden auch als Mütter von unserer Gesellschaft benachteiligt, weil sie als Pensionistinnen dafür bestraft werden, dass sie Kinder bekommen und den Staat entlastet haben.

STANDARD: Womit wir wieder bei der Familienpolitik wären.

Strache: Das ist Frauenpolitik. Man darf das nicht trennen. Genauso ist das bei Alleinerzieherinnen, die bei der Vereinbarung von Beruf und Kindererziehung im Regen stehengelassen werden. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung. Meine Mutter war Alleinerzieherin. Die hat sehr wenig verdient, musste ein hartes Leben fristen.

STANDARD: War Ihre Mutter so prägend für Sie?

Strache: Natürlich, wie jede Mutter für jedes Kind prägend ist. Sie hat viel erleben müssen. Hat den Vater im Krieg verloren, wurde dann aufgrund einer schweren Krankheit ihrer Mutter zur Vollwaise. Es war auch keine leichte Situation für sie, als mein Vater sich später scheiden ließ. Mein Vater hat die Verantwortung nicht wirklich gelebt.

STANDARD: Wie passt das zusammen? Sie wollen vor allem die Väter in Scheidungsverfahren stärken. Ist das kein Widerspruch?

Strache: Das ist kein Widerspruch. Wir stehen allen Frauen zur Seite, die in Beziehungen geschlagen werden oder Nachteile erleben. Aber wir müssen alle Ungerechtigkeiten beseitigen. Und im Scheidungsbereich gibt es leider Benachteiligungen von Vätern und von Kindern. Daher wollen wir das Recht der Kinder auf beide Elternteile mit einer gesetzlich verpflichtenden gemeinsamen Obsorge geregelt wissen.

STANDARD: Zurück zur Lohndebatte: Was halten Sie von einer Offenlegung der Löhne in allen Firmen?

Strache: Das würde zu Unzufriedenheit und Neid führen. Privat ist privat. Wenn es aber um öffentliche Gehälter geht, soll alles offengelegt werden. Ich gehe sogar noch weiter: Ich bin dagegen, dass Abgeordnete zehn Nebenjobs haben.

STANDARD: Wollen Sie nur mehr Berufspolitiker im Parlament haben?

Strache: Nein. Die Politiker sollen von mir aus einen Hauptberuf haben, aber nicht zehn Nebenjobs. Wenn wir diese Nebenjobhopper anschauen, fällt auf, dass sie nicht die fleißigsten sind. Ich sage aber auch: Bauen wir die Demokratie aus. Mit mir kann man über die Abschaffung der Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament reden. Wir könnten sagen: Ab einem Prozent gibt es ein Mandat.

STANDARD: Dann hätten wir eventuell ein Zehn-Parteien-Parlament.

Strache: Das wäre überhaupt kein Problem. Man würde viel stärker von dieser undemokratischen Ausgrenzung abgehen müssen. Das könnte durchaus die demokratische Kultur verbessern.

STANDARD: Man hat den Eindruck, Sie bemühen sich, nicht mit Extremen aufzufallen. Muss man als Partei, die auf die 20 Prozent zugeht, bedächtiger auftreten?

Strache: Wir sprechen die Probleme unserer Zeit offen an. Aber natürlich ist es vernünftig, den richtigen Ton zu finden. Die ganzen Unterstellungen, ich sei ausländerfeindlich, muss ich aufs Schärfste zurückweisen. Ich will nur zwischen anständigen und unanständigen Menschen unterschieden wissen.

STANDARD: Uns ist nur aufgefallen, dass Sie den Vorschlag von Innenministerin Maria Fekter ablehnen, straffällige Asylwerber schon vor einer rechtskräftigen Verurteilung abzuschieben. Hat Sie die ÖVP schon rechts überholt?

Strache: Das hat nichts mit rechts zu tun. Das ist rechtlos, abseits jedes Rechtsstandpunktes. Ich kann niemanden abschieben, der nicht verurteilt wurde. Was wir brauchen, sind schnellere Urteile. Und vor allem muss dann eine Abschiebung erfolgen. Es gibt tausende Fälle von gerichtlich verurteilten Asylwerbern, die nicht abgeschoben werden.

STANDARD: Auf der einen Seite wenig Extreme, gleichzeitig werden Sie wieder von Ihren umstrittenen Jugendfotos eingeholt.

Strache: Diese angeblichen Enthüllungen sind alte Hüte, die niemanden hinterm Ofen hervorlocken. Offenbar liegen wir zu gut, daher versucht man wieder, uns mit unlauteren Mitteln zu diffamieren. Die Österreicher werden sich davon nicht beeindrucken lassen.

STANDARD: Manche Ihrer Vorschläge scheinen realitätsfremd. So wollen Sie, dass Asyl nur auf "bestimmte Zeit" zuerkannt wird. Wie darf man sich das vorstellen: Wenn in einem Land wieder Ruhe und Frieden einkehrt, müssen alle anerkannten Flüchtlinge wieder zurück?

Strache: Im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bedeutet Asyl Schutz auf Zeit.

STANDARD: Sollen alle Kroaten und Serben, die in den 90er-Jahren gekommen sind, wieder zurück?

Strache: Nein, aber man könnte Anreize schaffen, damit sie freiwillig zurückgehen. Das soll nicht zwingend sein. Aber wenn jemand drei, vier, fünf Jahre hier lebt und die Verfolgungsgründe obsolet sind, soll er zurückmüssen. Wenn jemand zehn oder 20 Jahre hier lebt, wird das niemand verlangen.

STANDARD: Bleiben wir bei den Serben. Es fällt auf, dass Sie sich sehr für die serbische Community starkmachen. Es gibt das Gerücht, dass dahinter wirtschaftliche Interessen von FPÖ-Vertretern eine Rolle spielen. Ist da etwas dran?

Strache: Da ist nichts dran. Ich bin nur jemand, der in seiner gesamten Europapolitik den Grundsatz hat, dass Europa mehr als nur die EU ist. Daher haben wir sehr gute Kontakte nach Südosteuropa: nach Serbien, aber auch nach Russland. Wir stehen dort unseren österreichischen Unternehmen zur Seite. Viele Firmen haben uns gebeten, dass wir in diesen Ländern für sie Delegationen gestalten oder sie zu politischen Persönlichkeiten bringen, weil hier das Außenamt und die Botschaften versagen. (Günther Oswald, Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 12.9.2008)