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Dreidimensionale Darstellungen des Auges bringen frühe Veränderungen eines Keratokonus ans Licht.

Foto:AP/Charles Rex Arbogast

30 Prozent aller Patienten mit einem Keratokonus brauchen ein Hornhauttransplantat. Eine frühe Alternative ist die neue Methode der Vernetzungsbehandlung. Das Schwierigste ist aber die frühe Diagnose.

Am Anfang steht die Kurzsichtigkeit

"Die frühen Symptome eines Keratokonus sind leider unspezifisch", berichtet Paul Jirak, Assistenzarzt an der Augenklinik der Barmherzigen Brüder in Linz, und wähnt dahinter den Grund für die späten Diagnosen der Hornhauterkrankung im Auge. Denn Betroffene befürchten nichts Schlimmes und lassen die  "Kurzsichtigkeit" mit einer Brille oder Kontaktlinsen korrigieren. Doppelbilder, erhöhte Lichtempfindlichkeit, das Wahrnehmen von Lichtringen (Halos) um Lichtquellen und eine Abnahme der Sehschärfe sind auch Phänomene der weitaus bekannteren Kurzsichtigkeit.

Wichtiges Indiz: Schnelle Sehverschlechterung

"Eine jährliche Sehverschlechterung von einem Dioptrie ist zuviel", weiß der Ophthalmologe und empfiehlt spätestens dann den Weg vom Optiker zur augenfachärztliche Untersuchung.  An der Augenklinik bekommt Jirak den Keratokonus oft schon wesentlich früher als üblich zu Gesicht. Denn viele Patienten wollen ihre vermeindliche Kurzsichtigkeit mit Hilfe einer korrigierenden Laseroperation zu Leibe rücken. Bevor Jirak jedoch lasert, unterzieht er die Augen einer gründlichen Untersuchung.

Vorwölbung der Hornhaut

Dreidimensionale Darstellungen des Auges bringen frühe Veränderungen eines Keratokonus dabei an das Licht. Die Hornhaut, ein geordnetes Netzwerk bindegewebiger Fasern schützt das Auge vor Eindringlingen. Im Zusammenspiel mit Pupille, Linse und Netzhaut ist sie für die Bildgebung von großer Bedeutung.

Beim Keratokonus wird dieses durchsichtige Fenster zum Auge dünner und beginnt sich kegelförmig vorzuwölben. Eine Krümmung die die Symptome der Kurzsichtigkeit mehr oder weniger imitiert. Die Brechkraft im Auge erhöht sich, die Brennpunkt lieg vor der Netzhaut und weiter entfernt liegende Gegenstände lassen sich nicht mehr scharf abbilden.

Neue Methode Crosslinking

Mit der neuen Mothede des Crosslinking (Quervernetzung) gelingt es den Fortschritt der Erkrankung aufzuhalten. Spätere Hornhauttransplantationen bleiben den Betroffenen damit unter Umständen erspart. Die Tage der Hornhauttransplantation als letzte therapeutische Option für Keratokonuspatienten sind damit vielleicht bald schon gezählt.

Mehr Stabilität durch Vernetzung von Kollagenmolekülen

"Wir wollen die Hornhautvorwölbung im Frühstadium konservieren", betont Jirak und verleiht erkrankten Hornhäuten mit Hilfe der Crosslinking-Methode wieder mehr Stabilität. Das Prinzip dahinter: Riboflavin (Vitamin B2)und UV-Licht induzieren im Auge die Bildung einer unsichtbaren Hornhautnarbe. Riboflavin erfüllt dabei, ins Auge getropft, zwei wichtige Funktionen. Es bewirkt, dass 95 Prozent der eindringenden UVA-Strahlung absorbiert wird und damit der tiefer liegenden Linse und Netzhaut nicht gefährlich wird. Außerdem regt es die Bildung freier Radikale an. Ein Prozess der prompt zur Vernetzung von Kollagenmolekülen führt. Narbenbildung im therapeutischen Sinn sozusagen.

Ursache unbekannt

Warum? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaft nicht erst seit gestern. Und wie so oft, wenn sich die Ursache nicht eruieren lässt, wird der Begriff multifaktoriell gerne verwendet. Möglich, dass der Tränenfilm im Auge Enzyme enthält, die das Kollagen der Hornhaut auflösen.

Genetische Defekte oder Mikrotraumen

Vielleicht sind auch genetische Defekte oder Mikrotraumen, die durch Augenreiben entstehen, der Auslöser für den Gewebe abbauenden Prozess. Ob das Tragen von Kontaktlinsen eine Rolle spielt ist ebenfalls unklar. Das vermehrte Auftreten im jugendlichen Alter und in der Schwangerschaft impliziert jedenfalls die Beteiligung einer hormonellen Komponente.

Letzter Ausweg Transplantation

Den Erkrankten sind die Diskussionen mitunter wahrscheinlich egal. Von Interesse ist vielmehr, dass ein Drittel bis vor wenigen Jahren noch mit einer Hornhauttransplantation zu rechnen hatte. Und damit war das Ende der Geschichte vielleicht noch nicht mal geschrieben, denn auch auf einem Transplantat ist eine Keratokonusbildung Jahrzehnte später noch möglich.

Manchmal kommt die Erkrankung spontan zum Stillstand. Im Zweifelsfall wird aber trotzdem vernetzt, denn die sichtbaren Erfolge und die geringen Nebenwirkungen dieser Methode sprechen für sich. (phr)