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Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich unter Kritik: Methoden für Gutachten werden von Kollegen hinterfragt

Foto: APA/ Wolfgang Wagner

Die Richtervereinigung hat am Mittwoch mit ungewöhnlicher Schärfe Vorwürfe gegen den bekannten Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich zurückgewiesen, der Medienberichten zufolge in seiner Funktion als Gerichtsgutachter den Ausgang einiger Strafverfahren beeinflusst haben soll. "Hier wird versucht, einen anerkannten Sachverständigen in Misskredit zu bringen", zeigte sich Vizepräsident Manfred Herrnhofer empört.

Er halte es "für Blödsinn, Friedrich die Fachkompetenz abzusprechen", meinte Herrnhofer. Die in die Gerichtssachverständigenliste eingetragenen Gutachter hätten sich allesamt einem strengen Auswahlverfahren unterzogen und wären ausgewiesene Experten in ihren jeweiligen Fachgebieten. Ihre Zertifizierung sei zunächst auf fünf Jahre befristet, sofern sich die Sachverständigen bewähren, würde diese um weitere zehn Jahre verlängert. Fazit des ranghohen Richtervertreters: "Unsere Erfahrung mit Gutachtern ist, dass diese ausgezeichnete Arbeit machen.

Gutachten ist nur ein Mosaikstein

Das gelte auch für den zuletzt ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Friedrich. "Da haut man den Falschen", betonte Herrnhofer. Ein Gutachter habe in einer Hauptverhandlung immer nur Tatfragen, aber nie Rechtsfragen zu klären: "Ein Sachverständiger ist nie Schuld an einem Urteil. Sein Gutachten ist immer nur ein Mosaikstein. Das Gericht muss sich kritisch mit seinen Schlussfolgerungen auseinandersetzen und sich fragen, ob diese ins Gesamtbild und zu den sonstigen Ergebnissen des Beweisverfahrens passen. Ein Urteil ist immer nur so gut die wie vom Gericht festgestellte gesamte Beweislage."

Folglich könne Friedrich auch nicht als Verantwortlicher für den Fall jenes Kärntners namhaft gemacht werden, der 21 Monate in Haft verbrachte, ehe er eine Wiederaufnahme seines Verfahrens erreichte und in diesem vom Vorwurf freigesprochen wurde, seine Tochter missbraucht zu haben. Der Psychiater habe in derartigen Fällen primär die Aussagefähigkeit des Kindes zu beurteilen und festzustellen, ob bei diesem Konfabulationstendenzen vorliegen. "Dabei ist zu prüfen, ob es Hinweise gibt, dass das Kind Wirklichkeit mit bloß Eingebildetem vermengt", erläuterte Herrnhofer.

Methoden

Dass sich Friedrich dabei womöglich anderer Methoden bedient habe als Kollegen, sei denkbar, aber nicht weiter ungewöhnlich. "Die Psychiatrie ist eine Wissenschaft, und wenn Sie zwei Wissenschafter zusammenbringen, haben Sie wahrscheinlich drei unterschiedliche Ansichten", gab Herrnhofer zu bedenken. Zu suggerieren, Friedrich hätte "falsch" gearbeitet, sei unzulässig: "In der Psychiatrie ist es ja nicht wie in der Politik, wo man schwarz und weiß malen kann."


Weiterer Sachverständiger

Der Vizepräsident der Richtervereinigung verwies abschließend darauf, dass grundsätzlich jedes Gericht reagieren müsse, sobald diesem Zweifel an einem Gutachter kämen: "Die Rechtsordnung sieht verpflichtend vor, dass dann ein weiterer Sachverständiger beigezogen und ein neues Gutachten gemacht wird." (APA)